FC Barcelona schrieb mit dem Finalsieg über Juventus und dem zweiten Triple ein Stück Geschichte. Die Zukunft könnte weitere katalanische Erfolge bereithalten.
„Campeones, Campeones, olé, olé, olé.“ Die Spieler des FC Barcelona lagen sich in den Armen, brüllten sich im Berliner Olympiastadion die Seele aus dem Leib. Auf den Tribünen taten es ihnen tausende Fans der Katalanen gleich. Das Triple, bestehend aus Meisterschaft, Cup und Champions League, war vollbracht. Noch auf dem Rasen wurden Dutzende Selfies geschossen, mit und ohne Trophäe. Wenig später konnte der Rest der Welt via Social-Media-Plattformen an den Freuden der Superstars teilhaben. Gerard Piqué, der mit Freundin Shakira in der Berliner Innenstadt bis sieben in der Früh feierte, schnitt behutsam das Tornetz aus seiner vorgesehenen Position. „Ich habe so viel geschnitten, damit jeder meiner Kollegen ein Stück davon bekommt“, erklärte der Verteidiger.
Der 3:1-Finalerfolg der Spanier über Herausforderer Juventus Turin glich einer Machtdemonstration. Barcelona entschied das Geschehen, hatte die Kontrolle über das Spiel inne. Nur nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich entwickelte sich kurzfristig ein offener Schlagabtausch. „Wir wähnten uns etwas in Sicherheit, aber Barça hat unseren ersten Fehler sofort ausgenutzt. Wir haben einen hohen Preis bezahlt“, sagte Juventus-Trainer Massimiliano Allegri mit Blick auf das vorentscheidende 2:1 durch Luis Suárez in der 68. Minute.
Die Italiener wehrten sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Niederlage, versuchten es auch mit einer härteren Gangart – über 90 Minuten ohne Erfolg. Iniesta, Messi, Neymar und Co. agierten zu ballsicher, sie waren für ihre Gegenspieler oftmals den entscheidenden Schritt zu schnell. „Es sind diese kleinen Details, die letztlich entscheidend sind“, meinte Allegri, der sich vor dem Champion verbeugte. „Barcelona war großartig, wir konnten sie nicht aufhalten.“
Messi, der Teamplayer
Barcelonas Spiel war an diesem warmen Frühlingsabend in Berlin unberechenbar. Es war, wie schon die ganze Saison über, nicht einzig auf Lionel Messi zugeschnitten. Der argentinische Dribblanski mag intern zwar nach wie vor die uneingeschränkte Nummer eins sein, auf dem Platz aber offenbart er immer öfter seine Teamfähigkeit. Messi, der in seinem vierten Champions-League-Endspiel den vierten Titel einheimste, erzielte diesmal kein Tor, konnte aber auch mit seiner Rolle als ausgezeichneter Nebendarsteller gut leben.
Den ersten Treffer leitete er mit einem klugen Diagonalpass auf Jordi Alba ein, sein Anteil am zweiten Tor war nach seinem Schuss, den Buffon nur abklatschen lassen konnte, noch größer. „Messi war sehr wichtig für uns“, betonte Barcas Coach Luis Enrique. Ein Blick auf die Statistik bestätigt diesen Eindruck. Der 27-Jährige brachte es auf 104 Ballkontakte, niemand auf mehr.
Als „Man of the Match“ wurde jedoch nicht Messi, sondern Andrés Iniesta ausgezeichnet. Der Spanier, 31, ist einer der unscheinbarsten Superstars der Szene. Ein ruhiger Zeitgenosse, dessen Geniestreiche nicht so spektakulär wie jene von Messi, aber nicht minder effizient sind. Iniesta wollte den Moment des Triumphs – er hält nun ebenfalls bei vier Titeln in der Königsklasse – „voll und ganz genießen“. Der 1,70 Meter große Alleskönner erinnerte sich zurück an die Saison 2008/2009, als Barcelona wie in dieser Spielzeit das Tripel gewann. Erstmals in der Geschichte holte eine Mannschaft also das Double-Triple.
„Vor sechs Jahren haben wir es nicht für möglich gehalten, dieses Kunststück zu wiederholen. Jetzt ist es uns gelungen. Das ist das größte Glück für einen Spieler“, sagte Iniesta, der keine Gefahr darin sieht, dass Barcelonas Hunger nach Erfolg nun gestillt sein könnte. „Wir werden nächste Saison versuchen, erneut das Triple zu gewinnen.“
Enrique überlegt noch
Ob Trainer Luis Enrique sich dieser Aufgabe annimmt, ist allerdings offen. Der 45-Jährige stand während der Hinrunde noch stark in der Kritik, die spanische Presse berichtete sogar von einem Zerwürfnis mit Messi. Auf der Pressekonferenz nach dem Finale wollte sich Enrique zu seinen Zukunftsplänen jedenfalls nicht äußern. „Entscheidungen werden erst später getroffen. Jetzt müssen wir erst einmal feiern.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2015)