Für die Wien-Wahl wurde wieder ein rot-blaues Duell ausgerufen. Das nutzt beiden Parteien. Grüne, ÖVP und Neos kämpfen indessen darum, mit ihren Inhalten durchzudringen.
Wien. Es läuft auf ein Duell hinaus. Wieder einmal. Nach den Wahlerfolgen in der Steiermark und im Burgenland will die FPÖ am 27.September zuerst in Oberösterreich die SPÖ überholen und mit diesem Rückenwind in Wien dann vor der SPÖ liegen. Dafür hat FPÖ-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache, der gleichzeitig Wiener Parteichef ist, bereits das Duell um Wien ausgerufen.
Dieses Duell existiert in Wirklichkeit nicht. In Wien steht Strache ohne Koalitionspartner da – Blau-Schwarz ist auch rechnerisch meilenweit von einer Mehrheit entfernt. Trotzdem hat die SPÖ das Duell wieder gern angenommen. Immerhin lassen sich mit einem Außenfeind sehr gut die eigenen Anhänger mobilisieren. Und die Mobilisierung der eigenen Basis war in den vergangenen Jahren ein massives Problem für die SPÖ. Es profitieren also FPÖ und SPÖ von diesem „Duell“. Nur: Seitdem im Burgenland Rot-Blau regiert, hat es Häupl nun doch schwerer. Er muss nun erstmals seiner Basis erklären, warum die FPÖ im Burgenland regierungsfähig sein soll, in Wien aber der Todfeind ist.
(Fast) überhasteter pinker Wahlkampf-Start
Für die Wien-Wahl zeichnet sich also ab: Die politische Bühne gehört der SPÖ und der FPÖ, die sich ein Bürgermeister-Scheinduell liefern werden. Und wie bei einem Duell üblich, werden die anderen politischen Player zu Statisten degradiert, die mit ihren Botschaften kaum durchdringen. ÖVP, Grüne und Neos haben also ein Problem.
Es dürfte deshalb kein Zufall gewesen sein, dass die Neos am Montag (sehr improvisiert) fast überhastet ihren Wien-Wahlkampf gestartet haben – mit einer provokanten Parole, die ihnen in Zeiten des rot-blauen Duells Aufmerksamkeit sichert (zumindest kurzfristig): „G'scheite Kinder statt g'stopfte Politiker“. Mit einem Plakat, auf dem dieser Slogan steht, fährt derzeit ein Lkw durch Wien. Und die Neos versuchen, zu ihren potenziellen Wählern durchzudringen, indem sie scharf die Grünen angreifen. Also ein pink-grünes Duell inszenieren – als „Alternative“ zum rot-blauen Duell.
Mit der grünen Regierungsbeteiligung hätte sich nichts geändert, die Grünen hätten bei den Inseratenvergaben nichts gemacht, trotz grüner Regierungsbeteiligung hätte Wien mit 30 Millionen Euro weiterhin die höchste Parteienförderung Österreichs, so Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, die ebenso wie die Grünen voll auf das Bildungsthema setzt. Sie ist sich sicher: Die Neos werden im rot-blauen Duell nicht zerrieben. Nur: Als Partei mit wenig Ressourcen werden die Neos dem rot-blauen Duell wenig entgegensetzen können.
Für die ÖVP gilt Ähnliches: Jung und frech (wie die Neos) würde man der Partei nicht abnehmen. Wie sie im rot-blauen Duell durchdringen will, ist deshalb noch offen. Die Partei hat unter Manfred Juraczka immer auf konstruktive Opposition gesetzt. Das ist in einer polarisierten Stimmung zu wenig. Die ÖVP muss sich also noch etwas einfallen lassen, sonst hat sie ein ernsthaftes Problem.
Grüne umwerben SPÖ-Wähler
Die Grünen glauben nicht, dass das rot-blaue Duell sie ins Eck drängt. Klubobmann David Ellensohn will mit der Vermarktung der grünen Regierungsarbeit punkten. In einer polarisierten Stimmung wird er so kaum durchkommen. Nur: Seit der Burgenland-Wahl inszenieren sich die Grünen auffallend als einzige antifaschistische Alternative zur FPÖ. Und wollen damit für die Wien-Wahl Wähler vom linken SPÖ-Flügel abwerben.
Nach den gewaltigen Turbulenzen in der SPÖ könnte das funktionieren. Der Unsicherheitsfaktor: Ob die Anhänger der klar links positionierten Wiener SPÖ Häupl (der eine FPÖ-Koalition ausschließt) für Hans Niessl bestrafen, ist fraglich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2015)