Fink: "Wer mich holt, der bekommt Spektakel"

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Nach zahllosen Enttäuschungen und Tabellenplatz sieben in der vergangenen Saison hofft die Wiener Austria, von Trainer Thorsten Fink wieder in ruhigere und erfolgreichere Gewässer geführt zu werden.

Thorsten Fink wirkt beim Interviewtermin mit der „Presse am Sonntag“ entspannt. Das „Abenteuer“ Zypern gehört der Vergangenheit an, die Gegenwart heißt Wien Favoriten. Die Erwartungen an den 47-Jährigen sind groß. „Ich freue mich auf diese Aufgabe.“


Herr Fink, in einer Woche startet Ihre Mannschaft beim Wolfsberger AC in die Bundesligasaison. Was stimmt Sie zuversichtlich, dass es eine erfolgreiche wird?

Thorsten Fink: Ich glaube, wir haben die nötige Qualität im Kader, haben gut eingekauft. Die Mannschaft wirkt hungrig, hat hart an sich gearbeitet, auch der Charakter im Team ist ein anderer. Vieles von dem, was wir trainiert haben, hat die Mannschaft auch schon umgesetzt. Und trotzdem sind Automatismen vorhanden, die nicht von heute auf morgen zu verändern sind. Wir müssen auch Geduld haben.

Im Vorjahr belegte die Austria nur Rang sieben. Können Sie angesichts dieser Tatsache als neuer Trainer nur gewinnen?

Tiefer kann man ja fast nicht mehr stehen, wir wollen einige Plätze nach oben klettern. Wenn wir diese Saison also Siebenter, Achter, Neunter oder Zehnter werden, habe ich definitiv schlechte Arbeit geleistet.

Welche Platzierung würde denn sicherstellen, dass Sie gute Arbeit geleistet haben?

Platz drei, damit müssten wir zufrieden sein. Salzburg und Rapid sind momentan sicher ein Stück weit vor uns zu sehen. Es kann daher nicht unser Ziel sein, Tabellenplatz eins auszugeben. Das wäre vermessen und unrealistisch.

Sportdirektor Franz Wohlfahrt hat diesen vor viereinhalb Monaten in einem Interview mit der „Presse am Sonntag“ aber ausgegeben. Konnten Sie ihn von einer Kurskorrektur überzeugen?

Es geht nicht darum, was vor vier Monaten gesagt wurde. Es war ein anderer Trainer da, man wusste nicht, welcher Trainer kommt...

... aber der Sportdirektor war derselbe.

Das heißt aber nichts. Er (Franz Wohlfahrt) war neu im Amt. Auf lange Sicht wollen wir wieder von der Meisterschaft sprechen, weil ein Klub wie die Austria dort oben hingehört. Zunächst müssen wir aber kleinere Schritte gehen. Ich sehe es also nicht als Kurskorrektur, weil wir das Ziel Meistertitel damals nicht gemeinsam ausgegeben haben. Wahrscheinlich hat in dieser Aussage von Franz auch ein wenig Euphorie gesteckt.

Hat Ihre Mannschaft ausreichend Qualität, um Platz drei zu erreichen?

Für Platz drei, ja. Um tatsächlich um Platz eins mitspielen zu wollen, müssten wir schon noch etwas nachlegen, das wissen wir.

Claudio Pizarro fiel wohl in die Kategorie Zeitungsente, oder?

Im Fußball wird immer spekuliert und viel geredet, sobald ein Spieler frei ist. Aber es glaubt doch wohl keiner ernsthaft, dass Pizarro hierher zur Austria kommt. Der lacht doch, wenn ich ihn anrufe. Das mache ich nicht.

Ein Grund, warum die Austria in der Vorsaison den Erwartungen nicht gerecht wurde, war die mangelhafte physische Konstitution der Mannschaft. Ein Manko, das behoben wurde?

Ich spreche nicht darüber, was unter meinem Vorgänger schlecht war. Bis zum Saisonstart bringe ich die Mannschaft in einen guten Zustand, das kann ich Ihnen versichern.

Inwieweit haben Sie die Posse um Felix Magath und sein Beinahe-Engagement mitverfolgt?

Eigentlich gar nicht. Zum Zeitpunkt der Verhandlungen des Klubs mit Felix Magath war ich noch kein Thema, hatte selbst Gespräche mit anderen Klubs, unter anderem mit Hannover.

Was war für Sie letztlich das schlagende Argument pro Austria?

Die Austria hat sich einfach zum richtigen Zeitpunkt bei mir gemeldet, die Gespräche mit Franz Wohlfahrt waren authentisch. Er hat deutlich gemacht, dass ich nach der Absage von Magath seine neue Nummer eins bin, er mich unbedingt haben will. Mir gefiel der Gedanke, in Wien über einen längeren Zeitraum etwas entwickeln zu können. Und im Moment habe ich auch das Gefühl, dass das klappen könnte.

Sie waren nicht der Wunschkandidat, was wiederum nichts Schlechtes bedeuten muss. Franco Foda sagte der Austria vor drei Jahren ab, Peter Stöger wurde daraufhin Meister...

Ob ich die Nummer eins oder zwei war, interessiert mich nicht. Ich war vor meinem Engagement bei Basel auch nicht die Nummer eins und hatte dort großen Erfolg. Felix Magath ist ein toller Trainer mit anderen Eigenschaften und Philosophien als ich. Nachdem er sich mit dem Verein nicht einigen konnte, hat man sich eben für mich entschieden. So ist das Geschäft nun einmal.

Ihr vorangegangenes Engagement in Nikosia endete kurios, zwei Spieltage vor Schluss löste man Ihren Vertrag trotz Tabellenführung auf. Fühlen Sie sich um den Meistertitel betrogen?

In meiner persönlichen Vita steht dieser Titel, weil ich diese Mannschaft mit meinem Team nach oben geführt habe. Ich hoffe auch, dass ich die Meisterprämie bekomme, derweil warte ich noch darauf. Zypern war ein Abenteuer, die Mentalität der Leute ist dort eine ganz andere als in Deutschland oder Österreich, auch die Arbeit selbst. Wahrscheinlich hat der Verein gemerkt, dass ich nicht länger bleiben will. Beide Seiten hatten nach der Saison eine Ausstiegsklausel.

Sie haben eine zweijährige Vergangenheit in Salzburg, sagten einst auch, Sie können sich mit der Marke Red Bull identifizieren. Hatten oder haben Sie deshalb Konfliktpotenzial gefürchtet?

Nein, überhaupt nicht. Ich war ja nicht mit Red Bull verheiratet. Wenn ich bei einem Verein arbeite, muss ich mich mit diesem identifizieren können. Das war bei Red Bull so und ist jetzt bei der Austria so. Red Bull ist eine tolle Marke, die dem Fußball viel Gutes tut, junge Spieler ausbildet, mir gefällt das. Dass Fans gewisse Dinge anders sehen, ist klar. Ich wäre damals auch gern Cheftrainer in Salzburg geworden, aber vielleicht war es dafür ein bisschen zu früh.

Sie haben unter Ottmar Hitzfeld mit Bayern München die Champions League gewonnen, in Salzburg an der Seite von Giovanni Trapattoni gearbeitet. Welcher Trainer hat Sie am stärksten geprägt?

Ich habe große Trainerpersönlichkeiten kennengelernt, von jedem etwas mitgenommen. Einen Trainer herauszustreichen fände ich ungerecht gegenüber allen anderen. Aber am Ende des Tages musst du deine eigene Philosophie, deinen eigenen Stil vermitteln. Ich will niemanden kopieren.

Sind Sie eher der Kumpeltyp oder beharren Sie auf einem autoritären Führungsstil?

Es gibt viele verschiedene Führungsstile, ich kann mich mit dem situativen am besten identifizieren. Ein Trainer sollte seine Mannschaft richtig gut kennen. Ich möchte eine Einheit auf dem Platz sehen, deshalb muss ich manche Dinge wissen. Es gibt Trainer, die kennen das Geburtsdatum der Söhne ihrer Spieler. Ich bin diesbezüglich auch gern vorbereitet. Jeder Spieler hat eigene Bedürfnisse.

Wofür steht der Trainer Thorsten Fink denn überhaupt?

Für offensiven, schönen Fußball. Ich stehe für Spektakel. Wer mich holt, der weiß, was er bekommt. Am Ende ist das Allerwichtigste aber der Erfolg. Mir ist lieber, wir spielen vielleicht einmal nicht so schön und gewinnen trotzdem 1:0.

Steckbrief

Thorsten Fink wurde am 29. Oktober 1967 in Dortmund geboren. Seine größten Erfolge feierte Fink mit Bayern München. Er wurde viermal deutscher Meister, gewann dreimal den DFB-Pokal und krönte sich unter der Regie von Trainer Ottmar Hitzfeld 2001 zum Champions-League-Sieger.

Seine Anfänge als Trainer machte Fink ab 2006 bei der zweiten Mannschaft von Red Bull Salzburg. Später assistierte er Giovanni Trapattoni. Nach einer Saison beim FC Ingolstadt heuerte der frühere Mittelfeldspieler beim FC Basel an. Mit dem Schweizer Klub holte er zwei Meistertitel.

Dem Engagement beim HSV folgten fünf Monate bei Apoel Nikosia. Ende Mai unterschrieb Fink nach der Auflösung seines Kontrakts in Zypern bei der Austria einen Zweijahresvertrag mit Option auf ein weiteres Jahr.

Die Austria erfreut sich trotz zwei zuletzt durchwachsener Saisonen eines Aufschwungs. Im Vergleich zum Vorjahr konnten 20 Prozent mehr Abos verkauft werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2015)

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