Eine Rückkehr zu den väterlichen Wurzeln

President Barack Obama talks to the media in the the Oval Office of the White House
President Barack Obama talks to the media in the the Oval Office of the White HouseREUTERS
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Erstmals besucht ein US-Präsident das ostafrikanische Land. Für Barack Obama ist es auch eine nostalgische Reise in die Vergangenheit, in die Heimat seines Vaters. Viele Kenianer betrachten Obama als einen der Ihren.

Wien/Nairobi. Für Barack Obama markiert der zweitägige Trip nach Nairobi eine Rückkehr zu den Wurzeln. Ende der 1980er-Jahre hatte er die afrikanische Heimat seines Vaters erstmals besucht, um – wie er in seinem Bestseller „Dreams From My Father“ schreibt – eine innere Leere auszufüllen. Sein Vater, Barack senior, den ein Stipendium zum Studium nach Honolulu geführt hatte, hat die Familie schon früh verlassen. Bis auf einen kurzen Urlaub, den er als Zehnjähriger auf Hawaii mit seinem Vater verbracht hatte, blieb wenig zurück – außer ein paar Souvenirs. „Mein Vater bleibt ein Mythos für mich“, resümierte der spätere Präsident.

In Kenia lernte der junge Obama 1987 die weitverzweigte Sippschaft seines Vaters kennen, die zahlreichen Onkel, Tanten und Halbgeschwister. Bei Halbschwester Auma schlief er wochenlang auf der Wohnzimmercouch in Nairobi, in einem ramponierten VW-Käfer rumpelten sie nach Kogelo in den Westen des Landes, wo Barack senior – fünf Jahre zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen – begraben liegt. Seine Stiefgroßmutter Sarah nannte er „Oma“, wie er sich in dem Buch erinnert.

Sarah und die Großfamilie hätten sich auch jetzt am liebsten eine Stippvisite des prominenten Sohns in Kogelo gewünscht, sie hätten ihm ein Festmahl kredenzt. Doch die strengen Sicherheitsmaßnahmen verhinderten den Nostalgie-Trip des US-Präsidenten in die Vergangenheit. Stattdessen trifft er den Obama-Clan abseits des Staatsbesuchs in Nairobi.

Kenia hat lang auf die offizielle Visite Obamas gewartet – die erste eines US-Präsidenten überhaupt. Die Kenianer hatten seine Wahl 2008, den „Obama Day“, wie einen Nationalfeiertag begangen. Im Speziellen die Luos – der Stamm seiner afrikanischen Ahnen – betrachten Obama als einen der Ihren. Doch als Präsident enttäuschte er ihre Hoffnungen. Erst reiste er nach Westafrika, danach nach Südafrika.

Im Zeichen des Terrors

Nach den Terroranschlägen der somalischen al-Shabaab-Milizen auf eine Shoppingmall in Nairobi 2013 und die Garrisa-Universität mit beinahe 150 Toten im Frühjahr steht die Obama-Visite nun unter umso rigoroseren Sicherheitsvorkehrungen. Der Präsident kommt mit noch größerem Tross als üblich nach Ostafrika, Nairobi sperrt rund um seine Ankunft den Luftraum.

Der Besuch steht unter dem Zeichen des Terrors und der Kooperation der Geheimdienste, zumal Obama auch des Attentats auf die US-Botschaft in der kenianischen Hauptstadt 1998 gedenken wird – eines der spektakulärsten der al-Qaida in der Vor-9/11-Ära. Bei einem Wirtschaftsgipfel in Nairobi will der US-Präsident zudem die Chancen für einen Handelsaufschwung zwischen den USA und Afrika ausloten, der sich nach anfänglicher Euphorie nie eingestellt hat. In auffälligem Kontrast dazu stehen die Investitionen, die China in großem Stil in die Region pumpt. Schon Bill Clinton und George W. Bush haben eine US-Wirtschaftsoffensive in Afrika angekündigt.

Menschenrechtsorganisationen und Homosexuellengruppen beobachten die Präsidentenvisite in Nairobi mit Argusaugen. Kenia gilt längst nicht mehr als demokratisches Vorzeigeland. Präsident Uhuru Kenyatta war wegen seiner Rolle bei Stammesunruhen gar vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt. Erst die Niederschlagung der Anklage machte den Weg für den hohen Besuch frei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2015)

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