Börsen: Chinas Kurse schmieren wieder ab

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Wieder ein schwarzer Montag in Asien: Die China-Börsen fielen so stark wie seit acht Jahren nicht mehr und nehmen die Weltbörsen mit. Auch die Rohstoffe setzen ihre Talfahrt fort.

Shanghai/Wien. Erneute Erschütterungen auf dem chinesischen Aktienmarkt: Die Börsen der Volksrepublik verbuchten am Montag den größten Tagesverlust seit mehr als acht Jahren, was in der Folge auch unter europäischen Aktienanlegern für Nervosität sorgte. „Viele Investoren fürchten inzwischen, dass die Konjunktur im wichtigen Exportland China deutlich einknicken könnte“, sagte ein Händler.

Die chinesischen Leitindizes Shanghai-Composite und Shenzhen brachen um jeweils mehr als acht Prozent ein. Angeführt von den Finanztiteln verlor der DAX in Frankfurt zeitweise um 1,5 Prozent auf 11.175 Zähler. Die Aktien von Deutsche Bank und Commerzbank fielen jeweils um rund 2,3 Prozent. Der Euro Stoxx 50 gab um ein Prozent nach. Der Wiener ATX gab um rund 1,85 Prozent nach.

Gewinnmitnahmen?

Die Anzeichen für einen Schwächeanfall der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hatten sich zuletzt gemehrt. Die Gewinne chinesischer Industrieunternehmen schrumpften trotz weiterer Zinssenkungen im Juni im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent. Im Mai war noch ein Zuwachs um 0,6 Prozent verzeichnet worden. Am Freitag hatten bereits Industriedaten für Ernüchterung gesorgt: Laut dem Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex ist Chinas Industrie im Juli so stark geschrumpft wie seit 15 Monaten nicht mehr.

Neben den enttäuschenden Wirtschaftsstatistiken machten Händler aber auch Gewinnmitnahmen für den Kurssturz verantwortlich. Die chinesische Regierung und die Börsenaufsicht hatten Anfang Juli umfangreiche Stützungsmaßnahmen beschlossen, nachdem der Shanghai-Composite in den Wochen zuvor um rund ein Drittel abgerutscht war. Das Kabinett legte ein 250 Mrd. Yuan (36,8 Mrd. Euro) schweres Konjunkturprogramm auf, die Aufsicht begrenzte Panikverkäufe. Seitdem hatte sich der Shanghai-Composite wieder um rund 16 Prozent nach oben gearbeitet. Doch die Beruhigungspille habe offenbar nur für eine kurze Verschnaufpause gesorgt, schrieb NordLB-Analyst Frederik Kunze in einem Kommentar. Auch die nahende Zinserhöhung in den USA drücke auf die Stimmung, sagte ein Händler.

Viele Experten fürchten, dass die Zinswende den Kapitalabfluss aus Schwellenländern wie China verstärken wird. Mit steigenden Zinsen werden viele Anlagen für Investoren attraktiver. Zu spüren waren die Sorgen um die chinesische Konjunktur auch auf dem Rohstoffmarkt: Der Kupferpreis fiel um bis zu 1,1 Prozent auf 5203 Dollar je Tonne und lag damit in Reichweite seines am Freitag erreichten Sechsjahrestiefs. China ist der weltgrößte Abnehmer für dieses Metall, das zur Herstellung von Stromkabeln und Wasserrohren benötigt wird. Der Rohstoffsektor ist ohnehin seit geraumer Zeit unter massivem Druck. Der entsprechende Bloomberg-Index steht inzwischen auf einem 13-Jahres-Tief.

Gute Stimmung in Deutschland

Etwas freundlicher war die Stimmung zu Wochenbeginn dagegen unter den Euro-Anlegern. Die Gemeinschaftswährung kletterte zeitweise auf ein Zweiwochenhoch von 1,1112 Dollar, nachdem der Ifo-Index im Juli überraschend um 0,5 auf 108,0 Punkte gestiegen war. Analysten hatten nach zwei Rückgängen in Folge mit einem weiteren Absinken des wichtigen Frühindikators für die deutsche Wirtschaft gerechnet. Die vorläufige Einigung der Gläubiger im Schuldenstreit mit Griechenland sorgte jedoch für bessere Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen. Der IFO-Geschäftsklimaindex stieg von 107,5 auf 108,0 Punkte. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage wieder besser. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2015)

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