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Deutschland: Kommen 1,5 Millionen Flüchtlinge?

(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Laut einem Zeitungsbericht rechnet Berlin in diesem Jahr mit sehr viel mehr Flüchtlingen als bisher angenommen. In Bayern bleibt die Lage angespannt.

Berlin. Von 450.000 auf 800.000 – und jetzt 1,5 Millionen. So viele Flüchtlinge sollen in diesem Jahr die Bundesrepublik Deutschland betreten. Das berichtet die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf ein Geheimpapier. In der Regierung will man diese Zahl indes nicht bestätigen. Auch das Dokument „kenne kein Mensch“, wie es heißt. Doch so richtig glauben will den offiziellen Zahlen des Innenministeriums kaum jemand mehr. Schließlich hatte die Behörde ihre Zahlen zur Ankunft potenzieller Asylwerber im Jahr 2015 erst sehr spät nach oben korrigiert.

Fakt ist, dass im September so viele Flüchtlinge wie noch nie – oder seit vielen Jahren nicht – in Deutschland eingetroffen sind. Bundesweit wird die Zahl auf bis zu 300.000 geschätzt. Noch in dieser Woche wird Klarheit darüber herrschen, denn da werden die genauen Werte präsentiert.

Die meisten Flüchtlinge reisten über Bayern in die Bundesrepublik ein. Der Freistaat übererfüllt die für jedes Bundesland festgeschriebene Quote, im Gegensatz zu anderen Bundesländern. Mit ein Grund, warum die Schwesterpartei der Union, die CSU in Gestalt ihres Chefs Horst Seehofer, laufend verbale Prügel Richtung Berlin verteilt. Seehofer warnt vor einem Kollaps der Lage und will den Zustrom an Flüchtlingen endlich begrenzen. Inzwischen haben sich auch SPD-Chef Sigmar Gabriel und andere Ministerpräsidenten der Kritik gegen Merkel angeschlossen. Auch wenn die Tonalität eine andere ist.

 

Brennpunkte an Grenze

Im bayrischen Sozialministerium spricht man derweil von einer angespannten Lage. Neue Unterkünfte für Flüchtlinge zu suchen, bezeichnet Sprecher Philipp Späth als Herausforderung. Anders als die Städte Hamburg und Berlin wolle man in Bayern aber nicht zum letzten Mittel greifen und Quartiere beschlagnahmen. Zudem herrschen Zweifel darüber, ob Schritte wie diese zu einer größeren Akzeptanz in der Bevölkerung führen.

Nachdem Kanzlerin Angela Merkel Anfang September beschlossen hatte, Flüchtlinge mit Zügen nach Deutschland zu bringen, galt München als Hauptdrehscheibe des Flüchtlingsstroms. Die Situation hat sich durch die Grenzkontrollen etwas verlagert. Orte wie Freilassing, Passau oder Sinnbach am Inn zählen nun zu den überforderten Brennpunkten. „Die Lage ist schwierig“, sagt Hanna Hutschenreiter vom bayerischen Roten Kreuz. So gingen dem Landesverband nach und nach die ehrenamtlichen Helfer aus. Man habe etwa Probleme, Dienste zu besetzen. Die Flüchtlinge kämen ja nicht nur untertags an.

Aus dem Großraum Passau werden die Flüchtlinge meist weiter Richtung Norden verteilt. Unter anderem nach Rheinland-Pfalz. Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat ebenso an Merkel appelliert, den Zustrom an Flüchtlingen zu begrenzen. Siegfried Pick vom Arbeitskreis Asyl spricht zwar von einer großen Belastung professioneller und ehrenamtlicher Helfer. Der Pfarrer ist jedoch auch der Ansicht, dass nicht die Stimmung in der Bevölkerung, „aber einige Politiker kippen“. So gäbe es etwa in den Dörfern durchaus noch Menschen, die bereit dazu seien, Flüchtlinge aufzunehmen. Vorerst plant das Bundesland aber erst einmal eine Riesenunterkunft für 2000 bis 3000 Menschen. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2015)