"Presse"-exklusiv. Das Strafverfahren, das den ehemaligen Hypo-Chefermittler Christian Böhler am Auspacken hinderte, wurde eingestellt. Ob er nun reden darf, ist dennoch offen.
Während sich auch in dieser Woche die meisten Zeugen im Hypo-Untersuchungsausschuss ihrer Verantwortung entledigten und sich schlecht erinnern konnten, hat sich bei jenen, die etwas zu sagen hätten und dies auch gern täten, immerhin außerhalb des Ausschusses etwas getan. Konkret bei Christian Böhler, dem ehemaligen Hypo-Chefermittler zur internen Aufdeckung der jahrelangen Malversationen. Wie „Die Presse“ erfahren hat, wurde das Strafverfahren gegen Böhler vorige Woche eingestellt. Böhler hat, wie er selbst auf Anfrage bestätigt, die Benachrichtigung darüber diese Woche erhalten. Laut diesem Papier besteht „kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung des Beschuldigten“ (§ 190 StPo, Ziffer 2). Die Hypo-Bad-Bank hatte Böhler vorgeworfen, Mails mit Hypo-relevantem Inhalt in seiner Funktion als Forensiker an eine private Mail-Adresse bei den Neos, die er inzwischen berät, weitergeleitet zu haben.
Auffälliges Timing
Was aktuell ins Auge springt, ist das Timing der Justiz. Die Einstellung des Verfahrens kommt nämlich gerade einmal zwölf Arbeitstage, nachdem Böhler im U-Ausschuss geladen war und dort wegen der von der Hypo-Bad-Bank Heta beschlossenen Nichtentbindung vom Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nicht frei reden durfte. Die Heta aber verwies in ihrer Begründung für den Maulkorb hauptsächlich auf die laufenden Ermittlungen in einem Strafverfahren.
Die Vermutung, dass die Justiz mit der Einstellung des Strafverfahrens bis nach der Einvernahme Böhlers im U-Ausschuss zugewartet habe, will Reinhard Kloibhofer, Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft Graz, auf Anfrage „nicht kommentieren“. Die Staatsanwaltschaft Graz, die mit dem Fall im Herbst 2014 betraut worden war, hat am 21. Juli 2015 der Oberstaatsanwaltschaft Graz den Vorhabensbericht über die Einstellung des Verfahrens übermittelt. Von dort ging er laut Kloibhofer schon am 24. Juli ins Justizministerium nach Wien weiter, wo er dann genau zwei Monate lag, ehe auch die Wiener der Einstellung zustimmten. „Es wäre sinnvoll gewesen, das vor Böhlers Auftritt im U-Ausschuss zu entscheiden“, so Rainer Hable, Fraktionsführer der Neos im U-Ausschuss. Der erbetene Rückruf des Justizministeriums stand zu Redaktionsschluss aus.
Der Wegfall des Strafverfahrens gibt nun jedenfalls den Weg frei, Böhler wieder in den Ausschuss zu laden, damit dieser dort auch ohne Einschränkungen – mit Ausnahme des Bankgeheimnisses – aussagen kann. „Es gibt nun keinen Grund mehr, Böhler nicht vom Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu entbinden“, so Hable. „Der Ball liegt bei der Heta.“
Dort warte man noch auf die schriftliche Nachricht über die Einstellung des Verfahrens, wie Heta-Sprecher Alfred Autischer erklärt: „Dann werden wir entscheiden, wie wir weiter vorgehen.“ Fürs Erste verweist Autischer schon einmal darauf, dass die Nichtentbindung vom Betriebsgeheimnis nicht nur mit dem Strafverfahren begründet sei. Die anderen Gründe seien eine vorerst ruhend gestellte arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung (Böhler bekämpft seine vorjährige Entlassung als Forensiker) und dann noch ein Zivilverfahren wegen Unterlassung von Böhlers früheren Äußerungen über die Heta und ihre Repräsentanten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2015)