Die Mühlsteine der EU-Kandidaten

Spitzenkandidaten im ORF-Buergerforum
Spitzenkandidaten im ORF-Buergerforum(c) ORF (Hans Leitner)
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Jeder der sechs Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl am 7. Juni hat diesmal eine schwere (Alt-)Last zu tragen. Ein Überblick.

Hannes Swoboda

Der SPÖ-Spitzenkandidat, hat zwar keinen parteiinternen Rivalen, aber eine andere Last zu tragen: Er muss eine Gratwanderung zwischen Faymanns populistischen Versprechen an die „Kronen Zeitung" und seiner eigenen Pro-Europa-Position bewältigen. Vor lauter Kompromissen kann sich Swoboda auf diese Weise kaum profilieren. Dazu kommt, dass sich die Parteiführung aus dem Wahlkampf fast gänzlich heraushält. Daraus resultiert ein ziemliches Mobilisierungsproblem bei der Wahl.

Ernst Strasser

Der ÖVP-Spitzenkandidat, muss mit Widerstand in der eigenen Partei kämpfen. Viele prominente Parteimitglieder hätten lieber den klaren Proeuropäer Othmar Karas als Spitzenkandidaten gesehen. Zwar könnte diese Spannung Wähler mobilisieren, Strassers Position aber deutlich schwächen. Vor allem dann, wenn Karas viele Vorzugsstimmen erhält. Strasser kämpft auch mit seinem Image als Ex-Innenminister, das ihn für liberalere oder ehemalige Grün-Wähler schwer wählbar macht.

Ulrike Lunacek

Die grüne Spitzenkandidatin, muss den langen Schatten von Johannes Voggenhuber ertragen. Die Entscheidung der Parteiführung, den erfahrenen EU-Parlamentarier ins politische Nirwana zu schicken, hat viele Grün-Wähler vergrämt. Das dürfte dazu führen, dass die Grünen das Ergebnis von 2004 klar verfehlen und nur eine Abgeordnete in das EU-Parlament senden. Lunacek trägt auch schwer an der neuen Parteiführung unter Eva Glawischnig, die bisher wenig Kompetenz und Bodenhaftung entwickeln konnte.

Andreas Mölzer

Der FPÖ-Spitzenkandidat, steht im Schatten von Parteichef Heinz-Christian Strache. Populismus ist zwar nicht das Seine, trotzdem sorgte der langjährige FPÖ-Funktionär - in eigenen und fremden Medien - immer wieder für Aufruhr: 1992 zum Beispiel mit seiner Warnung vor einer „Umvolkung". Aber nicht nur seine Vorliebe fürs Deutschnationale drängt Mölzer in ein Eck. Dafür sorgen auch seine Bemühungen um eine extrem rechte Allianz im Europaparlament (z. B. mit der Front National, dem Vlaams Blok etc.).

Ewald Stadler

Der BZÖ-Spitzenkandidat, trägt den Spitznamen „Dobermann", ihm wird ein gewisser Hang zur Rachsucht und jedenfalls zum Anecken nachgesagt: Jörg Haider wollte er lange nicht verzeihen, dass er sich mit den „Bienenzüchtern Österreichs" abgespaltet hatte, um dann - nach einem Zerwürfnis mit FPÖ-Chef Strache - eben dort anzuheuern. Eher seltsam sind auch Stadlers Ansichten zur NS-Zeit - bei einer Sonnwendfeier im Jahr 2002 sagte er: „1945 sind wir angeblich vom Faschismus und von der Tyrannei befreit worden."

Hans-Peter Martin

Der unabhängige Kandidat, hat zwar die „Kronen Zeitung" hinter sich, aber viele ehemalige Weggefährten wie etwa Karin Resetarits als dunkle Schatten gegen sich. Lautstark melden sie sich nun zu Wort und warnen vor einer Wahl des eigenartigen Einzelkämpfers. Martin hat auch das Handicap, dass er wegen seiner ständigen Kritik an EU-Institutionen lediglich als ehrgeiziger Aufdecker und beharrlicher Querulant, nicht aber als konstruktiver Politiker wahrgenommen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2009)

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