Die Mitterlehner-Partei zwischen Strache und Strolz

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Nach rechts? Nach links? Die ÖVP muss kantiger werden. Ausgerechnet zwei Sozialpartner sollen das nun bewerkstelligen - in einer Koalition mit der SPÖ.

Auf den ersten Blick sieht alles nach großkoalitionärem Kuschelkurs aus: Der gelernte Sozialpartner Reinhold Mitterlehner holt sich mit Peter McDonald einen laut Eigendefinition „bürgerlichen Sozialpartner“ als Generalsekretär in die Parteizentrale. Beide wurden im ÖVP-Wirtschaftsbund sozialisiert und sind in der Welt des Interessenausgleichs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern groß geworden.

Doch in ihren jetzigen Funktionen muss ihnen die Partei näher sein als die Sozialpartnerschaft. Reinhold Mitterlehner, seit dem Vorjahr ÖVP-Chef, ist schon mittendrin in diesem Prozess. Der ihm auch von außen aufgezwungen wird: In der Sozialpartnerschaft geht nichts mehr weiter – und mit der SPÖ auch nicht. Auch Peter McDonald hat sich in seiner bisherigen Funktion als Hauptverbandschef bereits mit den Sozialdemokraten angelegt – mit seiner Forderung, ineffektive Kuraufenthalte abzuschaffen.

Der Wind in der Koalition wird also rauer werden. Er wird rauer werden müssen. Nicht nur, weil mit Peter McDonald nun ein politischerer Kopf in die Lichtenfelsgasse einzieht. Nicht dass dessen Vorgänger, Gernot Blümel, unpolitisch gewesen wäre, aber er war eher der klassische Parteimanager und Organisator. Von den Personen her dominiert nun übrigens der Typ junger, dynamischer Mann, in der Ausrichtung tendenziell eher liberal und weltoffen, die Mitterlehner-ÖVP: Peter McDonald, Gernot Blümel, Harald Mahrer, Sebastian Kurz.

Nein, der Wind in der Koalition wird deswegen rauer werden, weil die ÖVP sonst unterzugehen droht. In der Umklammerung der SPÖ, die in vielen Dingen in die andere Richtung zieht (wenn sie überhaupt irgendwo hinzieht). Und vor allem eingezwängt zwischen der FPÖ auf der rechten Seite und den Neos auf der liberalen Seite.

Die Wien-Wahl war hier bezeichnend: 19.000 Stimmen verlor die ÖVP an die Neos, 17.000 an die FPÖ. Die Liberalen gingen zur Strolz-Partei, die (Stenzel-)Konservativen zur Strache-Partei. Im Idealfall schafft es eine Volkspartei, sowohl die Liberalen als auch die Konservativen zu integrieren, mit unterschiedlichen Signalen beide Gruppen anzusprechen. Von diesem Idealfall war die ÖVP – jedenfalls in Wien – weit entfernt. Und sie läuft Gefahr, dass sich das auch auf Bundesebene überträgt. Den Liberalen ist sie zu wenig liberal, den Konservativen zu wenig konservativ. Wobei man im Fall Wiens wohl noch dazusagen muss: Zur Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Politik gesellte sich auch noch ein dementsprechend farbloser Spitzenkandidat.

Wobei es auf Bundesebene noch nicht ganz so schlimm ist. Reinhold Mitterlehner als Person hat ein durchaus liberales Image, die Nachjustierungen im gesellschaftspolitischen Bereich waren – die Welt dreht sich ja weiter – auch richtig. Zu spät allerdings hat die ÖVP-Führung erkannt, dass sie sich in der Flüchtlingsfrage von Anfang an als Stimme der Vernunft abseits der Refugees-Welcome-Romantik hätte positionieren sollen. Das wäre auch glaubwürdiger als ein Schwenk kurz vor den Wahlen in Oberösterreich und Wien gewesen.


Auch wenn nun manche einwenden mögen, gerade Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, habe mit seiner „Haltung“ in der Flüchtlingsfrage gezeigt, dass man nur so Strache beikommen könne: Das würde bei der Wählerschaft der ÖVP so nicht funktionieren. Abgesehen davon, dass auch die Wiener SPÖ fast fünf Prozentpunkte verloren hat.

Die Stimme der Vernunft wird die ÖVP jedoch noch stärker im Reformbereich sein müssen. Es geht zwar schon in diese Richtung, etwa wenn man die Budgetrede von Finanzminister Hans Jörg Schelling hernimmt. Allerdings: Vielen fehlt der Glaube.

Und dass ausgerechnet zwei Sozialpartner, Reinhold Mitterlehner und Peter McDonald, die ÖVP nun zur Reformpartei machen, ist in der Tat auch schwer zu glauben. Zumal man in einer Koalition mit der Faymann-SPÖ auch nur schwer Reformpartei sein kann. Über das Rhetorische wird dieser Anspruch wohl kaum hinausgehen.

E-Mails an:oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2015)

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