Pegida: Bachmann nennt Pirincci-Rede "entscheidenden Fehler"

"Merkel muss weg" war bei der Pegida-Kundgebung am Montagabend in Dresden ein oft gelesener Spruch.(c) REUTERS
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Akif Pirincci spaltet mit seiner aggressiven Rede, KZ seien "leider außer Betrieb", die Pegida-Anhänger. Sein Verlag sperrt Bücher, der Staatsanwalt ermittelt.

Nach der Kundgebung der fremden- und islamfeindlichen Pegida-Bewegung am Montagabend prüft die Staatsanwaltschaft wegen einer KZ-Äußerung rechtliche Schritte gegen einen der Redner. Gegen den Autor Akif Pirincci sei nach dem Satz "aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb" Strafanzeige wegen Volksverhetzung eingegangen, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase am Dienstag. "Wir prüfen den Vorgang." Wann mit der Entscheidung über ein mögliches Strafverfahren zu rechnen sei, könne er noch nicht sagen.

Bachmann und Verlag reagieren

Pegdia-Chef Lutz Bachmann hat sich für den hetzerischen Auftritt Pirinccis mittlerweile entschuldigt. Auf Facebook schrieb er am Dienstag von einem "gravierenden Fehler". Pirincci habe am Montagabend vor der Semperoper eine nicht abgesprochene Rede gehalten. "Ich hätte in diesem Moment die einzig richtige Entscheidung treffen müssen und sofort das Mikro abschalten." Er trage die alleinige Schuld "für diesen unmöglichen Auftritt", deshalb bleibe ihm nichts übrig, als sich "öffentlich und aufrichtig zu entschuldigen".

Pirinccis Verlag hat unterdessen seine früheren belletristischen Bücher gesperrt. Als Reaktion auf seine "inakzeptablen Äußerungen" würden seine bereits vor Jahren veröffentlichten Bücher nicht mehr angeboten, teilte die Verlagsgruppe Random House am Dienstag in München mit.

Rede spaltet Pegida-Anhänger

Der zu den Hauptrednern der Kundgebung zählende Pirincci hatte in seiner Rede einen angeblichen Vorfall in Hessen geschildert, wo ein CDU-Politiker einem Kritiker einer Flüchtlingseinrichtung gesagt haben soll, er könne Deutschland jederzeit verlassen. Pirincci sagte, offenbar habe die Politik die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt, dass ihm schulterzuckend die Ausreise empfohlen werden könne, wenn es nicht pariere. Danach sagte er den Satz: "Es gäbe natürlich andere Alternativen. Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb." Das war allerdings nicht auf Flüchtlinge bezogen. Vielmehr versuchte er damit, deutsche Politiker zu verunglimpfen, die "zunehmend als Gauleiter gegen das eigene Volk" agierten.

Die Rede des deutsch-türkischen Autors und Rechtspopulisten spaltet selbst die Anhänger des fremdenfeindlichen Bündnisses. "Viele Leute waren entsetzt", sagte Pegida-Mitbegründer Rene Jahn am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Viele hätten auch das Gelände verlassen wollen, wären aber wegen der dicht stehenden Menge gar nicht weggekommen.

Pirincci bekam zumindest von einem Teil der etwa 20.000 Teilnehmer der Pegida-Kundgebung Applaus. Die Pegida-Verantwortlichen um Gründer Lutz Bachmann ließen Pirincci nach diesen Äußerungen gewähren. Die gesamte Rede war durchsetzt von verbalen Ausfällen und Anfeindungen, so sprach Pirincci von einer "Moslem-Müllhalde" in Deutschland, warnte vor einer "Umvolkung", bezeichnete die Flüchtlinge als "Invasoren". Bachmann beendete die Pirincci-Rede zwar vorzeitig, dies aber mit Hinweis auf die fortschreitende Zeit.

Kritik vom Auschwitz-Komitee

Das Internationale Auschwitz Komitee hat die KZ-Bemerkung Pirinccis als "ein widerliches Signal der Schamlosigkeit" verurteilt. Die Instrumentalisierung des Begriffes "KZ" lasse die Überlebenden deutscher Konzentrationslager, die KZ am eigenen Leib erfahren hätten, fassungslos und verstört zurück. Dies teilte das Komitee am Dienstag in Berlin mit. Dass dies in Deutschland geschehe, sei "jenseits jeden Geschmacks".

Der Vizepräsident des Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, forderte die Politik zum Handeln auf. "Bisher sind die Antworten Europas auf rechte Herausforderungen kläglich und desillusionierend." Das gelte auch besonders für Menschen, die in Europa Schutz und Hilfe suchten. "Wenn aus der deutschen Hilfsbereitschaft nicht sehr schnell eine europäische Lösung wird, wird Europas Selbstbild und seine Bedeutung weiter zerbröseln." Rechtsextremen und populistischen Bewegungen sei dann "Tür und Tor noch weiter geöffnet", erklärte Heubner.

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(APA/AFP)

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