Geld für Außen- statt für Binnengrenzen

Immer mehr EU-Staaten bauen Zäune, aber für den gemeinsamen Schutz an den Außengrenzen bleiben keine Mittel übrig. Das ist absurd.

Wieder werden Forderungen nach einem besseren Schutz der EU-Außengrenzen laut. Tschechiens Vizepremier stellt Schengen infrage, weil der Schutz der Außengrenzen nicht funktioniere. Österreichs Außenminister fordert schon seit Wochen effizientere Kontrollen an den Außengrenzen. Doch statt endlich Geld und Ressourcen dafür bereitzustellen, dass auf griechischen Inseln oder auf Lampedusa jeder Flüchtling und Migrant registriert und unter die Lupe genommen wird, werden Zäune an den europäischen Binnengrenzen errichtet.

Es ist absurd. Mit den 200 Millionen Euro, die Ungarn in den Bau seines Zauns gesteckt hat, mit den Investitionen in immer neue Zäune auf der Balkanroute könnte die Organisation der Zuwanderung an den Außengrenzen – etwa durch die Einrichtung von Hotspots – weit besser funktionieren. Würde dort jeder Migrant registriert und genau kontrolliert, könnten auch Sicherheitslücken geschlossen werden und könnte der Zustrom reguliert werden. Könnte dieses Management jenseits des Meeres verlagert werden, wäre das noch sinnvoller.

Nur das gegenseitige Misstrauen und die Illusion, dass nationale Grenzen besser als die gemeinsamen Grenzen geschützt werden können, stehen dem entgegen. Ganz bewusst wird das Bild neuer nationaler Festungen geschaffen. Wie Schlafwandler gehen die EU-Staaten einzeln ihren Weg, ohne zu erkennen, wie kurzsichtig das ist.

wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2015)

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