Die Note des Währungsfonds: Befriedigend für Österreich

General Views Of UniCredit Bank Austria AG, Erste Group Bank SA And Volksbank International AG
General Views Of UniCredit Bank Austria AG, Erste Group Bank SA And Volksbank International AG(c) Bloomberg (Akos Stiller)
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Die Steuerreform sei ein Schritt in die richtige Richtung, so der IWF. Aber das Land brauche weitere Steuersenkungen – sowie tiefe Einschnitte bei den Ausgaben für Gesundheit, Bildung und Soziales.

Wien. In den Schulen gibt es erst kommendes Jahr wieder Zeugnisse, aber der Internationale Währungsfonds beurteilt den ökonomischen Zustand der Republik traditionell schon in den Wochen vor Weihnachten. Das Urteil der Experten aus Washington lautet diesmal: „Befriedigend“ – wieder einmal. „Nach verhaltenem Wachstum in den vergangenen Jahren sehen wir derzeit Stärke beim Konsum und den Exporten“, sagte Nikolay K. Gueorguiev.

Der IWF-Experte und sein Team haben in den vergangenen zwölf Tagen unter anderem mit Vertretern der Regierung, der Nationalbank, der Wirtschaft und der Arbeitnehmer gesprochen, um sich ein Bild zur Lage im Land zu machen, das die ökonomischen Daten ergänzen soll.

Senkung des Pensionsantrittsalters

Für 2016 erwartet der IWF ein Wachstum von 1,5 Prozent. Der Schuldenstand Österreichs soll auf 86 Prozent des BIPs klettern. Hausaufgaben für die kommenden Jahre gibt es zur Genüge. Denn eine Senkung der Schulden sei nur durch „breite Einschnitte“ zu erreichen, so Gueorguiev. Österreich gebe in den großen Ausgabenbereichen Gesundheit, Bildung und Pensionen deutlich mehr aus als vergleichbare Länder, erziele aber keine besseren Resultate, heißt es im IWF-Bericht. Die Ausgaben in diesen Bereichen sollten am besten im Rahmen breit angelegter Reformen deutlich zurückgefahren werden – angefangen beim Pensionssystem.

„Die steigende Lebenserwartung ist per se natürlich zu begrüßen, stellt das Land aber vor wachsende Kosten bei den Sozialausgaben.“ Es brauche mehr Anreize, länger zu arbeiten. Auch die geplante Anhebung des Frauenpensionsalters solle vorgezogen werden. Eine generelle Verknüpfung des Pensionsantrittsalters mit der Lebenserwartung könne die Ausgaben für Pensionen langfristig um einen Prozentpunkt des BIPs senken, so der IWF.

Im Gesundheitsbereich sollten die Bemühungen, Patienten weg von Spitälern hin zu ambulanten Einrichtungen zu bringen, verstärkt werden. Auch die Zahl der Betten und Ärzte pro 1000 Einwohnern sollte gesenkt werden und sich an jener vergleichbarer Länder orientieren, um Kostenineffizienzen einzudämmen. Im Bildungswesen sollten die Ausgaben pro Schüler bzw. Studenten reduziert werden, da sie ebenfalls über jenen vergleichbarer Länder lägen, ohne aber höhere Resultate etwa bei Pisa-Tests hervorzubringen. Ein Teil der eingesparten Mittel sollte aber wieder im Bildungssystem investiert werden – etwa, um die Situation bei den Zehn- bis 18-Jährigen zu verbessern.

Steuern müssen weiter gesenkt werden

Die im Jänner greifende Steuerreform sieht der IWF als „Schritt in die richtige Richtung“, die Steuern auf den Faktor Arbeit seien in Österreich aber weiterhin deutlich zu hoch. „Die Regierung hätte da ruhig etwas mutiger sein können“, so der IWF-Experte. Als Nächstes brauchte es eine Senkung der Abgaben für die Sozialversicherung, damit alle Einkommensgruppen profitieren können.

Mit den Effizienzgewinnen aus derartigen Reformen solle Österreich von 2018 bis 2020 einen strukturellen Budgetüberschuss von einem halben Prozentpunkt des BIPs finanzieren. Dieser Budgetüberschuss sollte so lang aufrechterhalten werden, bis die Staatsschuldenquote auf 60 Prozent des BIPs gesunken ist – also ziemlich lang.

Damit würde Österreichs fiskalische Lage stabiler, das Land wäre wieder für eine antizyklische Fiskalpolitik gerüstet, und auch das Triple-A-Rating könnte früher zurückgeholt werden, so der IWF. Bei der Migration spricht sich der IWF für rasche Integration durch Sprachkurse aus. Auch der Arbeitsmarkt könne früher geöffnet werden. Die Daten sind aber wenig optimistisch. Nach einem Jahr finden nur zehn Prozent der Flüchtlinge Arbeit, nach zwei Jahren immerhin 55 Prozent, so die Prognose. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2015)

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