Kritik an Merkel: Flüchtlingsbus vor das Kanzleramt

Ein Bus mit 31 Flüchtlingen aus Bayern.
Ein Bus mit 31 Flüchtlingen aus Bayern.REUTERS
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Ein Lokalpolitiker fährt 31 Flüchtlinge mit dem Bus nach Berlin. Aus Protest: Er habe in seinem Landkreis nicht genug menschenwürdige Unterkünfte.

"Merkel muss weg", rufen die Demonstranten als der Reisebus aus Niederbayern in Richtung Kanzleramt biegt. Die Hand voll Berliner warten auf 31 Flüchtlinge und den erzürnten Landrat Peter Dreier. Aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin hat Dreier von der Kleinpartei "Freie Wähler" die Menschen aus dem niederbayerischen Landshut nach Berlin gekarrt. Er bringt die Syrer, die er in seinem Landkreis nicht mehr angemessen unterbringen kann.

Er wolle "ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf", sagte Dreier am Donnerstag. Der Kommunalpolitiker hatte Merkel bereits Ende Oktober in einem Telefonat mit der Ankündigung unter Druck setzen wollen, Flüchtlingsbusse vor das Kanzleramt zu schicken. Merkel habe damals Verständnis für seine Haltung gezeigt, sagte Dreier. Da sich seitdem nichts verändert habe, sei er zu diesem ungewöhnlichen Schritt gezwungen worden.

Die Regierung äußerte am Donnerstag Verständnis für die Forderungen Dreiers, pochte jedoch zugleich auf die Aufgabenverteilung: Länder und Kommunen seien für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Der Bund leiste dafür umfangreiche Hilfe, hieß es in einer Erklärung von Regierungssprecher Steffen Seibert, die nach dem Eintreffen der Flüchtlinge am Abend in Berlin veröffentlicht wurde.

"Menschenwürdige Unterbringungen gehen zur Neige"

"Zur Bewältigung der Flüchtlingssituation hat er (der Bund) ein finanzielles Hilfspaket geschnürt. So zahlt er unter anderem ab 2016 an die Länder pro Flüchtling und Monat 670 Euro von der Registrierung bis zur Erteilung eines Bescheides durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge", unterstrich Seibert in der Stellungnahme. Bis 2019 stelle der Bund jährlich mehr als 1 Milliarde Euro für den Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung.

Zugleich habe die Bundesregierung Maßnahmen auf europäischer und internationaler Ebene angestoßen, um die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge zu verringern. "Im Vergleich zum Oktober 2015 ist diese Zahl derzeit auch erheblich niedriger", betonte Seibert.

Landrat Dreier teilt diese Sicht jedoch nicht. "Ein Ende der Flüchtlingswellen ist überhaupt nicht in Sicht, die Kapazitäten an menschenwürdigen Unterbringungsmöglichkeiten in unserem Land gehen rapide zur Neige und ich sehe nicht, dass bislang neue Wohnungen für die Zuwanderer gebaut worden wären."

Keine Bleibe für Flüchtlinge in Berlin

Bei den Flüchtlingen handelt sich um Männer aus Syrien, deren Asylantrag bereits anerkannt wurde. Sie gelten als sogenannte Fehlbeleger, die in Flüchtlingsunterkünften untergebracht sind, sich aber eigentlich eine eigene Wohnung suchen müssten.

Die Männer hätten sich freiwillig auf die Reise in die Hauptstadt gemacht, hieß es. Die meisten aber reisten nach einer Nacht ohne Aussicht auf eine permanente Bleibe in Berlin bereits am Freitag wieder zurück - mit zwei Ausnahmen. Ein Flüchtling will in Berlin bleiben, einer will nach Bremen.

(APA/dpa/red.)

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