US-Wahl 2016: Clinton und Sanders schärfen Profile vor Iowa

Sanders und Clinton
Sanders und Clinton (c) Bloomberg
  • Drucken

Die frühere Außenministerin präsentiert sich beim CNN-Bürgerforum als erfahrene Macherin, der linke Senator als prinzipientreuer Fundamentalkritiker.

Sechs Tage vor der ersten Vorwahl im US-Teilstaat Iowa stellten sich die drei demokratischen Präsidentschaftskandidaten vor den Kameras des Nachrichtensenders CNN den Fragen der Bürger. Dieses "Town Hall Meeting" brachte zwar inhaltlich keine Neuigkeiten, brachte aber den beiden führenden Kandidaten die Gelegenheit, ihre grundsätzlichen Wesensunterschiede vor einem breiten Publikum hervorzukehren (Martin O'Malley, der früher Gouverneur von Maryland, liegt in den Umfragen praktisch chancenlos abgeschlagen).

Bernie Sanders, der sich selbst als Sozialist bezeichnende Senator aus Vermont, strich seine Prinzipientreue gegenüber seiner Konkurrentin Hillary Clinton hervor. Er habe die US-Invasion im Irak vor 13 Jahren ebenso von Anfang an abgelehnt wie den Bau der Ölpipeline Keystone XL, die Teersande aus Kanada an die US-Golfküste gebracht hätte und von Umweltschützern vehement bekämpft wurde (Präsident Barack Obama versagte diesem Bau im vorigen Jahr die Genehmigung). Clinton hingegen habe seinerzeit als Senatorin für die Irakinvasion gestimmt und sich lange Zeit in der Frage von Keystone XL bedeckt gehalten. Auf den Umstand seiner nicht vorhandenen Erfahrung im Regieren angesprochen sagte der 74-jährige Sanders: "Erfahrung ist wichtig, Urteilsvermögen allerdings auch."

Sanders: "Ja, wir werden Steuern erhöhen"

Sanders bestach einmal mehr mit schroffer Ironie und aufrichtig vorgetragener Kritik am amerikanischen Finanzsystem und Gesundheitswesen, doch wie in den bisherigen Fernsehdebatten und auf seinen Wahlkampfauftritten blieb er sehr vage bei den drei wesentlichen Fragen an politische Vorhabensbekundungen: Was soll das kosten? Wer soll es bezahlen? Wie lässt sich im Kongress mit dem politischen Gegner Einvernehmen darüber finden?

"Ja, wir werden Steuern erhöhen", sagte Sanders auf die Frage, wie er seine allgemeine Krankenversicherung nach europäischem Vorbild zu finanzieren gedenke. "Aber wir werden im Gegenzug private Versicherungsprämien für Einzelpersonen und Unternehmen abschaffen. Wir sind das einzige Land der Welt, das es privaten Krankenversicherungskonzernen erlaubt, uns zu neppen."

Sanders wiederholte auch sein Vorhaben, den Zugang zu öffentlichen Hochschulen gratis zu machen. Dies wolle er unter anderem durch eine Spekulationssteuer für die Banken und Fonds der Wall Street finanzieren. „Ich werde es mit der Gier der US-Konzerne aufnehmen“, sagte Sanders.

Clinton kritisiert Trump: "Eine Schande"

Hillary Clinton stellte sich demgegenüber als erfahrene Macherin mit dicker Haut dar. Auf die Frage eines jungen Mannes, was sie dazu sage, dass man ihr oft Unwahrhaftigkeit vorwerfe, sagte Clinton: "Ich bin seit langer Zeit da, man hat mich mit allem Möglichen beworfen. Und ich stehe noch immer aufrecht. Ich bin an der Vorfront des Wandels und Fortschritts, seit ich so alt war wie Sie." Wie stets auf ihrer Wahltour strich sie die wirtschaftlichen Boomjahre unter der Präsidentschaft ihres Gatten Bill Clinton hervor und warb für die Sinnhaftigkeit der Diplomatie, "selbst wenn sie langweilig, langsam und schwierig ist."

Clinton wies die moslemfeindlichen Aussagen des Baumilliardärs Donald Trump, der in den republikanischen Umfragen führt und Listen moslemischer US-Bürger ebenso anfertigen wie allen Moslems die US-Einreise verbieten will, scharf zurück: "Das ist eine Schande und gegen unsere Werte. Wir können das nicht tolerieren."

Bemerkenswert war ihr Appell an die parteiübergreifende Räson. "Man kann im Wahlkampf alle möglichen Dinge sagen, aber wenn die Wahl geschlagen ist, müssen wir zusammenkommen, um die Probleme zu lösen, vor denen wir als Nation stehen. Eine der schwersten Sachen in der Politik ist das Knüpfen von Beziehungen über ideologische Barrieren hinweg." Sollte sie am 8. November zur Präsidentin gewählt werden, wolle sie den Republikanern die Hand zur Zusammenarbeit entgegenstrecken: "Ich werde sie einzeln umarmen, ob sie es wollen oder nicht."

"Wahlkampf ist Poesie, Regieren aber Prosa"

Auf den jüngsten Werbespot ihres Kontrahenten Sanders angesprochen, in dem nichts gesagt wird, sondern zu Bildern begeisterter Massen das Lied "America" von Simon & Garfunkel läuft, sagte Clinton: "Das ist großartig. Wahlkampf ist Poesie, Regieren aber Prosa." Sanders' soziales Engagement sei löblich, doch als US-Präsident könne man sich die Themen, denen man sich widmet, nicht frei wählen. "Man braucht eine erfahrenen, verlässlichen Kämpfer." Darum sei sie "die geeignetere Person, um die Nominierung der demokratischen Partei zu erhalten."

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

US-WEATHER-SNOW
Außenpolitik

Politik und Geschichte: Donald Trumps geistige Vorväter

Von Andrew Jackson über William Jennings Bryan bis George Wallace: Die Ahnengalerie der USA ist gespickt mit Demagogen, die auf Finanzpanik und Elitenhass mit Ressentiment und Chauvinismus antworteten.
Außenpolitik

Bernie Sanders holt die Delegierten dreier US-Staaten

Bernie Sanders konnte in Alaska, Washington und auf Hawaii den Abstand zu Konkurrentin Hillary Clinton verkleinern. Sein Rückstand bleibt dennoch groß.
Außenpolitik

US-Präsidentenwahl: Die Grenzen der Bernie-Manie

Der linke Senator Bernie Sanders rückt Hillary Clinton in Umfragen näher. Doch seine Chancen sind gering, wie eine Recherche der „Presse“ in New Hampshire zeigt.
 Ex-Bürgermeister Bloomberg
Außenpolitik

Bloomberg sucht die Lücke

Michael Bloomberg war einst Demokrat, dann wurde er Republikaner und ist seit 2007 parteilos - und jetzt will er ins Weiße Haus, unter bestimmten Umständen.
Presidential Candidate Marco Rubio Holds Town Halls With Trey Gowdy
Außenpolitik

„Marco Rubio wird der Kandidat“

Wahlforscher Henry Olsen erklärt, warum der junge Senator Favorit ist im republikanischen Feld und warum Trump und Jeb Bush verlieren werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.