20.000 Syrer bei Flucht an Grenze zu Türkei gestrandet

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Immer mehr Menschen fliehen aus der einstigen Rebellenhochburg Aleppo. Weitere 70.000 seien auf dem Weg zur türkischen Grenze, sagte Ministerpräsident Davutoglu.

Am Freitag sind nach UN-Schätzungen bis zu 20.000 Syrer auf der Flucht vor der Offensive der Regierungsarmee an der türkischen Grenze gestrandet. Die Türkei errichtete in der Nähe des Grenzübergangs Öncüpinar ein neues Zeltlager zur Registrierung der Neuankömmlinge.

"Bis zu 20.000 Menschen haben sich am Grenzübergang Bab al-Salama versammelt", sagte die Sprecherin des UN-Koordinierungsbüros für humanitäre Fragen (Ocha), Linda Tom. "5000 bis 10.000 weitere Menschen sind zur Stadt Azaz geflüchtet." Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, 40.000 Zivilisten seien vor den Kämpfen rund um die einstige Rebellenhochburg Aleppo geflohen. "Tausende Menschen, vor allem Familien mit Frauen und Kindern, warten darauf, in die Türkei zu kommen", sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.

Weitere 70.000 auf dem Weg

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte am Donnerstag gesagt, die Kämpfe um Aleppo hätten bereits rund 10.000 Menschen an die türkische Grenze getrieben. Weitere 70.000 Menschen seien auf dem Weg. Die Türkei werde sie ins Land lassen.

"Wir fühlen uns verlassen. Die Menschen, die im Osten Aleppos geblieben sind, können sich eine Flucht schlichtweg nicht leisten", beklagt Aktivist Omar Halabi in Aleppo via Skype. Und Ismail Abdullah beschreibt über Facebook, was Einwohnern wie ihm am meisten Angst macht: "Die Menschen fürchten, belagert zu werden." Krankenhäuser seien schwer beschädigt, Bäckereien gingen die Vorräte aus, die Angst vor dem Verhungern gehe um - die Nachrichten von Hungertoten in belagerten Städten wie Madaya haben die Einwohner aufgeschreckt.

Die syrische Armee hatte Anfang der Woche gemeinsam mit Kämpfern der libanesischen Hisbollah-Miliz und mit massiver Unterstützung durch russische Bomber eine Offensive in der Region Aleppo begonnen. "Die Rebellen sind an allen Fronten auf dem Rückzug", sagte der Syrien-Experte Emile Hokayem vom International Institut for Strategic Studies.

Erdogan: Russland mitverantwortlich für 400.000 Tote

Die Großstadt Aleppo ist seit Mitte 2012 geteilt: Der Westen wird von der Regierung gehalten, während die östlichen Viertel unter Kontrolle der Rebellen stehen. Der Verlust der Millionenstadt wäre die bisher schwerste Niederlage für die Aufständischen. Im Süden eroberten die Assad-Truppen die Ortschaft Atman bei Deraa. Zusammen mit Milizen habe die Armee den nördlichen Vorort Atman nach 48-stündigen Gefechten von den Rebellen zurückerobert, meldete die Beobachtungsstelle.

Indes hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Russland vorgeworfen, zusammen mit der syrischen Regierung für den Tod von 400.000 Menschen in dem Bürgerkriegsland verantwortlich zu sein. Dafür müsse die Regierung in Moskau zur Rechenschaft gezogen werden, zitierte die Nachrichtenagentur Dogan den Staatschef am Freitag. Russland unterstützt die syrische Regierung massiv mit Luftangriffen im Kampf gegen die Rebellen. In der nordsyrischen Region um Aleppo sind Zehntausende Menschen auf der Flucht vor den Bombardierungen.

(APA/AFP)

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