ÖVP-Beschluss: Nur 520 Euro Sozialgeld bei Asyl

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MINISTERRAT: ST�GER(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Der ÖVP-Vorstand hat acht Punkte zur Verschärfung der Mindestsicherung festgelegt: mehr Arbeitsanreize durch Niedriglohnjobs, geringere Leistungen für Flüchtlinge.

Wien. Der Beschluss in der Volkspartei wurde nach außen hin weggespült vom Dammbruch, den die im Eilzugtempo vollzogene Ablöse von Johanna Mikl-Leitner durch Niederösterreichs Landes-Vize, Wolfgang Sobotka, im Innenministerium (siehe eigenen Bericht) ausgelöst hat. Die Regierungsumbildung hat die Strategie der Bundespartei, der SPÖ öffentlich Beine bei der Neuregelung der Mindestsicherung zu machen, zunichtegemacht. Dabei haben es die vom ÖVP-Bundesparteivorstand verlangten Verschärfungen zur Reform der Mindestsicherung in sich. In acht Punkten wurden in dem der „Presse“ vorliegenden Papier auch Einschränkungen beim Sozialgeld für Flüchtlinge fixiert.

Wie in Oberösterreich geplant, soll es bundesweit nur noch 520 Euro im Monat geben. Außerdem sollen Bezieher über gering bezahlte Jobprojekte den Einstieg in den Arbeitsmarkt schaffen, was die Sozialtöpfe entlasten soll.

Was sind die Forderungen und Vorschläge der ÖVP an die SPÖ und deren Sozialminister, Alois Stöger?


„Wirksame Arbeitsanreize“: Kernpunkt ist ein Modell des ÖAAB Niederösterreich, dessen Obmann Sobotka ist, und das beim Bundesparteitag im Mai 2015 beschlossen wurde, mit Wiedereinsteigerbonus. Wer mehr als sechs Monate Mindestsicherung bezieht und eine Arbeitsstelle findet, kann für maximal sechs Monate einen Bonus zusätzlich zum Lohn von maximal 1160 Euro (das sind 140 Prozent der Mindestsicherung) im Monat erhalten. Grund: Sonst ist die Mindestsicherung höher als der Lohn aus der neuen Berufstätigkeit. Ebenfalls als Anreiz ist die Hilfe bei Jobprojekten vorgesehen. Wer auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance hat, soll über vom Bund geförderte Berufsprojekte Unterstützung erhalten. Alternative dazu ist die Anmeldung bei Behörden oder gemeinnützigen bzw. sozialen Organisationen. Damit würde verstärkt der Versuch unternommen, den Berufswiedereinstieg über den Niedriglohnbereich zu schaffen. Interessant ist in dem Zusammenhang, dass, wie bisher, bei Verweigerung von Arbeitsaufnahme Kürzungen des Sozialgeldes erfolgen.


Differenzierte Mindestsicherung für Flüchtlinge und Österreicher: erstens Unterschiede aufgrund sachlicher Begründung (Massenzustrom von Flüchtlingen; Kostenexplosion; Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte erhalten häufig die volle Höhe des Sozialgeldes von 838 Euro im Monat je Einzelperson); zweitens Unterschiede aufgrund bereits erfolgter Erwerbstätigkeit und damit Leistung von Sozialbeiträgen oder nicht. Die ÖVP verlangt daher konkret eine Mindestsicherung light: Wenn keine ausreichende „Verbundenheit mit Österreich als Solidarverband“ vorliegt, dürfe es, wie in Oberösterreich geplant, höchstens 520 Euro Mindestsicherung geben; Gleiches gilt beim Fehlen einer mehrjährigen Erwerbstätigkeit oder alternativ für Personen, die nach dänischem Vorbild weniger als sieben Jahren in den vergangenen acht Jahren in Österreich waren.


Deckelung: Das Limit von 1500 Euro für Familien wird von der ÖVP bekräftigt (zusätzlich kann es Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld oder Pflegeleistungen geben).


• Einheitliche Vollziehung und Strafen: mehrere der acht Punkte haben bundeseinheitliche Auszahlung und Sanktionen und deutliche Aktualisierung der Daten zum Ziel.


Attacke auf Minister Stöger. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka griff Stöger im Gespräch mit der „Presse“ frontal an: „Wenn er eine neue 15a-Vereinbarung will, muss er einmal mit den Landeshauptleuten reden.“ Daher sei der ÖVP-Beschluss eine Handlungsanleitung für den Minister, der am 25. April erneut mit den Sozialreferenten der Länder reden wird. Stöger hatte Montagfrüh im ORF-Radio seine Vorschläge für eine Residenzpflicht als Voraussetzung für den Bezug der Mindestsicherung bekräftigt. Das würde Wien entlasten. „Sicher nicht mit uns“, betonte Lopatka, Voraussetzung seien die verlangten Änderungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2016)

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