Im Volkskundemuseum Graz werden über 1000 Objekte auf ihren volksmagischen Ursprung untersucht. Erklärt alter Aberglaube, warum heute Esoterikläden immer populärer
werden?
Bringt Aberglaube Unglück? „Man glaubt
gar nicht, wie viele Menschen ihr Leben
nach irrationalen Kriterien ausrichten",
sagt Eva Kreissl vom Landesmuseum Joanneum
in Graz: „Warum wird heute der
Schulmedizin nicht mehr vertraut?" In einem for-
Muse-Projekt (vom BMWF finanziert) will sie mit ihren
Mitarbeitern herausfinden, woher abergläubische
Richtungen kommen, welche Mittelchen sich
über Jahrhunderte gehalten haben und welche
Amulette oder Riten nur kurze Zeit „modern" waren.
Im Grazer Volkskundemuseum befinden sich über
1000 Objekte aus dem 18. bis 20. Jahrhundert, die
magisch besetzt sind, aber zu denen kaum Fachwissen
vorliegt - wie die Sammlung von Amuletten im
Form einer Tschatschkette (Bild). „Bezoare waren
zum Beispiel die absoluten Glücksbringer. So etwas
wie eine Vollkaskoversicherung." Das sind unverdauliche
Reste im Verdauungstrakt von Wiederkäuern,
die im 18. Jahrhundert auch Königen ein sicheres
Gefühl geben sollten. „Hinter den Dingen steckt
oft eine eigene Philosophie, die sich aus vielem zusammensetzt:
ein bisserl Antike, bisserl Paracelsus
und auch Religiöses. Wir wollen die Systematik dahinter
herausfinden." Dabei helfen volkskundliche
Erhebungen aus der Region, die beschreiben, was
Leute dabei dachten, wenn sie Praktiken der Volksmagie
anwendeten. Auch Fachliteratur - historische
und zeitgenössische - wird durchforstet. So weiß
man etwa, dass Natternwirbel seit der Antike gegen
Anfallsleiden wie Epilepsie verwendet wurden.
„Auch Galen und Paracelsus haben viel beschrieben."
Und vieles der Medizin aus dem 18. Jahrhundert
wird heute als abergläubisch eingestuft. Kreissl:
„Wir wissen, dass sich das Thema ein bissel spinnert
anhört. Aber wir wollen den Ernst dahinter erkennen
und aufzeigen, wie man damit heutige Lebensinterpretationen
erklären kann."