Wiedeking: Vom Aufstieg und Fall des Mr. Porsche

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Seit 1991 ist Wendelin Wiedeking bei Porsche. Er hat den Konzern saniert, aber sich zu viel vorgenommen. Denn dann kam die Finanzkrise. Porsche hatte auf einmal zu wenig Geld in der Kasse.

Wien. Über kaum einen anderen Manager wird dieser Tage so viel spekuliert, wie über ihn: Wendelin Wiedeking. Nahezu täglich füllen neue Gerüchte über seinen Abgang die Schlagzeilen. Heute, Donnerstag, wenn die Aufsichtsräte von Volkswagen und Porsche über die Zukunft der Unternehmen beraten, könnte seine Zukunft als Porsche-Chef besiegelt sein.

Einst nannten sie Wiedeking den Zaren von Zuffenhausen. Dort, im Herzen Schwabens, ist Porsche zu Hause. Ein wohl berechtigter Titel für den Porsche-Chef. Zumindest bis zu jenem Zeitpunkt, als ihm die Idee von der Übernahme des Volkswagen-Konzerns kam.

Wiedeking klopft gern große Sprüche. Als autoritär, fordernd, aber auch motivierend wird sein Führungsstil beschrieben. Der Porsche-Chef soll im abgelaufenen Jahr 77,4 Mio. Euro verdient haben. Er gilt als der bestbezahlte Manager Deutschlands. In einer kleinen Runde soll Wiedeking einmal gesagt haben, „Vorstandsgehälter veröffentlichen wir nicht, das würde die Republik nicht verkraften“, schreibt der „Spiegel“. Wenn Wiedeking das Unternehmen verlässt, winken ihm 100 Mio. Euro Abfertigung. So gut wurde der Abgang eines Managers in Deutschland noch nie bezahlt. Dennoch will er nicht gehen.

Zurück an die Spitze

Porsche war stolz auf seinen Manager. War es doch gerade Wiedeking, der aus dem verschuldeten Sportwagenbauer, dessen Autos kaum noch einer wollte, ein profitables Unternehmen mit dem 911er, dem Boxster und dem Cayenne im Repertoire machte.

Der erste Mann bei Porsche wird 1952 im westfälischen Ahlen geboren. Seine ersten Erfahrungen in Zuffenhausen sammelt der studierte Maschinenbauer 1983. Im Jahr 1988 wechselt er zu den Glyco Metallwerken, einem Kfz-Unternehmen. Drei Jahre lang arbeitet er dort, auch als Geschäftsführer. Dann wird das Unternehmen verkauft und Wiedeking landet wieder bei Porsche. Das war 1991.

Porsche geht es damals nicht gut. Das Unternehmen sieht sich mit Gewinnrückgängen und Absatzeinbrüchen konfrontiert. Auch die USA werden dem Unternehmen wegen des schwachen Dollar zum Verhängnis. Zeitweise verkauft Porsche die Hälfte seiner Autos dorthin.

Ab 1993 geht es für Wiedeking als Porsche-Vorstandsvorsitzender dann richtig los. Er beginnt zu sanieren, verordnet der Firma ein Sparprogramm. Die Produktion auf Vorrat wird auf Auftragsfertigung umgestellt. Arbeitsplätze werden gestrichen, Lieferanten eingespart.

1993 verkauft Porsche gerade einmal 15.000 Autos. 2008 waren es rund 100.000.

Wenige Jahre vergehen und Porsche fährt in die Gewinnzone zurück. Das Unternehmen kann wieder eine Dividende ausschütten. Auch Ferdinand Piëch, heute VW-Aufsichtsratschef, ist beeindruckt. Die Familien Porsche/Piëch versprechen ihrem Manager eine Gewinnbeteiligung von 0,9Prozent. Keiner konnte damals ahnen, dass Porsche im Jahr 2008 etwa sechs Mrd. Euro verdienen würde.

In Ungnade gefallen

Doch Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Wiedeking fängt an, Kritik zu üben. Auch an der Strategie des Volkswagen-Konzerns. Piëch dürfte das mit der Zeit zu viel geworden sein. Schließlich ist er maßgeblich an der Ausrichtung des Konzerns beteiligt.

Bei der Präsentation des VW Polo soll Piech gesagt haben: „Zurzeit habe ich noch Vertrauen zu Wiedeking. Streichen Sie das Wort noch.“ Spätestens 2007 dürfte Wiedekings Ansehen bei Piëch gesunken sein, als er den deutlich größeren VW-Konzern übernehmen will. Die Familien Porsche/Piëch sind zuerst begeistert. Porsche kauft sich bei VW ein. 2007 hält Porsche bereits 30Prozent der Aktien. Als Porsche mehr als 40Prozent an VW hält, kündigt das Unternehmen an, einen Beherrschungsvertrag anzustreben. Optionsgeschäfte werden zum wesentlichen Faktor. Der Kurs der VW-Aktie klettert zeitweise auf 1000 Euro das Stück. VW avanciert plötzlich zum teuersten Unternehmen der Welt.

Viele, die auf fallende Kurse setzten, mussten zusehen, wie ihnen die Milliarden aus den Händen glitten. Auch dem deutschen Industriellen Adolf Merckle ging es so. Letztlich zerbrach sein Imperium, Merckle schied aus dem Leben.

Dann kam die Finanzkrise. Porsche hatte auf einmal zu wenig Geld in der Kasse und Schulden in Milliardenhöhe angehäuft. Zwar hält Porsche jetzt mehr als 50Prozent an VW, Wiedeking jedoch gerät unter Druck. Sein Größenwahn trieb den Autobauer an den Rande des Ruins. Nun versucht er zu retten, was zu retten ist. Möglichst mit Katar und ohne VW. Doch er dürfte glücklos bleiben.

Wenn VW nach Porsche greift

VW wird Porsche wohl übernehmen. Tief im Inneren muss es Wiedeking schmerzen. Aber „Angst behindert das Denken“, sagte er einmal. Trotzdem wird er sie haben. Die Belegschaft steht hinter ihrem Chef. Mobilisieren wollen sie und protestieren. Gegen die Allmächtigen aus VW-olfsburg.

Bald wird man wissen, wie der seit Monaten schwelende Übernahmekampf ausgehen wird. Porsche könnte dann als eine von zehn VW-Marken geführt werden. Und Wiedekings Posten an jemanden anderen gehen.

Vielleicht wird er dann auf dem Acker stehen und Kartoffeln ernten. So wie er es gerne tut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2009)

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