Schweinegrippe: Ein Virus als Urlaubsandenken

(c) Reuters (Thierry Roge)
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Fernreisen treiben die Verbreitung des neuen Virus voran. Die Freigabe von Impfstoffen in Pandemiesituationen wurde beschleunigt. Bislang sind etwa 160.000 Menschen weltweit am Virus H1N1 erkrankt.

In nur vier Monaten, seit Ausbruch der Neuen Grippe in Mexiko, erkrankten – laut der EU-Seuchenbehörde ECDC – etwa 160.000 Menschen weltweit am Virus H1N1, 991 sind daran gestorben. Jetzt läuft der Wettstreit um die Impfstoffentwicklung: Der Pharmakonzern Baxter möchte erste Mengen der Vakzine schon Anfang August liefern. Die ECDC empfiehlt, die vorerst begrenzte Menge zur Impfung von Risikogruppen zu verwenden. Was muss man über die sogenannte „Schweinegrippe“ wissen, was ist Panikmache?

1. Was ist das Neue an der Neuen Grippe im Vergleich zur saisonalen Grippe?

Die Neue Grippe verbreitet sich im Sommer und trifft vor allem jüngere Menschen – wohl, weil diese sich auf Reisen, in Schulen, Universitäten und Arbeitsplätzen „zusammenrotten“, erklärt Monika Redlberger vom Institut für Virologie in Wien. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Neue Grippe als die sich am schnellsten ausbreitende Pandemie eingestuft. Gegen die saisonale Grippe sind viele Menschen immunisiert (durch Erkrankungen in den letzten Jahren oder Impfung). Das aktuelle H1N1-Virus ist völlig neu, kein Mensch war bis zu seinem Ausbruch dagegen immun. Daher ist die Ansteckungsrate so hoch.

2. Wie viele Menschen sind betroffen? Mehr als von der saisonalen Grippe?

In Österreich erkrankten bisher 117 Personen an der Neuen Grippe, in Europa registrierte die ECDC 20.463 Fälle, weltweit 160.038. Es sind nicht mehr als bei einer saisonalen Grippe, die zeitlich und räumlich begrenzt – als Epidemie – in den Wintermonaten auftritt: Im Jänner 2008 gab es allein in Wien Schätzungen von 16.000 neuen Grippefällen innerhalb nur einer Woche.

3. Ist die Neue Grippe gefährlicher als die alljährliche Grippe? Kann sie sich verändern?

Der Krankheitsverlauf ist vergleichbar mit dem der saisonalen Grippe. Obwohl das Influenzavirus eine hohe Wandlungsfähigkeit hat, ist das H1N1-Virus bisher nicht gefährlicher geworden. Auch der Leiter der WHO-Grippeabteilung Keiji Fukuda erwartet für Herbst einen zuverlässigen Impfstoff.

4. Was sind die Symptome, und wie kann man sich vor der Neuen Grippe schützen?

Bei Fieber, Krankheitsgefühl, Husten und Gliederschmerzen sollte man den Hausarzt anrufen und einen Termin ausmachen, nicht unangemeldet in die Praxis kommen. Schützen kann man sich genauso wie gegen jede andere Grippe: regelmäßig gründlich Hände waschen – vor allem, bevor man mit Essen hantiert. Kontakt mit Schleimhäuten von Mund, Augen und Nase vermeiden.

5. Soll man Grippemedikamente wie Tamiflu oder Relenza vorsorglich einnehmen?

Gesunde Menschen nicht, das Virus könnte Resistenzen entwickeln. Risikopersonen wird, in Absprache mit dem Arzt, die vorsorgliche Einnahme empfohlen.

6. Wie lange droht noch die Gefahr, dass man sich an der Neuen Grippe ansteckt?

Das ist nicht absehbar, weil wir uns erst am Beginn der Ausbreitung befinden. Im Vergleich: Die letzte Welle der saisonalen Grippe dauerte in Österreich vom 7. Jänner bis 3.März 2009. Die genaue Zahl der Fälle ist nicht bekannt,da die saisonale Grippe – im Gegensatz zur Neuen Grippe – nicht meldepflichtig ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2009)

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