Der Arzt Gernot Rainer, Gründer der Ärztegewerkschaft Asklepios, erhält Rückendeckung durch die Volksanwaltschaft. Der KAV hatte sich gegen Rainer gestellt.
Wien. Nachdem der zuletzt im Otto-Wagner-Spital beschäftigte Lungenfacharzt Gernot Rainer Kritik an Personalreduktion durch den Wiener Krankenanstaltenverbund, KAV, geübt hatte, sprach der KAV von „fehlender Identifikation mit den Gesamtinteressen der Dienststelle und der Stadt Wien“. Und nahm von einer Verlängerung des Dienstvertrags Abstand. „Die Presse“ berichtete exklusiv. Nun erhält Rainer, dessen Kollegen sich für einen Verbleib ausgesprochen hatten, auch Rückendeckung durch die Volksanwaltschaft (VA).
Rainer war zuletzt im Mittelpunkt gestanden, weil er die Ärztegewerkschaft Asklepios gegründet hatte. Derzeit kämpft er – wie berichtet – vor dem Arbeitsgericht um seine Wiedereinstellung. Die VA erklärte am Freitag in einer Pressekonferenz, bei der sie ihren Wien-Bericht 2015 präsentierte: „Aus dem (. . .) Personalakt ergeben sich keine Informationen (. . .), die eine negative Beurteilung rechtfertigen.“ Die Akteneinsicht ergebe: „Sowohl der unmittelbare Vorgesetzte als auch die ärztliche Direktion haben die Übernahme in ein unbefristetes Dienstverhältnis befürwortet.“ Daher: „Die vom KAV angeführte ,fehlende Identifikation mit den Gesamtinteressen der Dienststelle und der Stadt Wien‘ kann nicht nachvollzogen werden.“ Rainer selbst spricht von „politisch motivierter Kündigung“.
„Grundloses“ Kontaktverbot
Mit Blick auf das Berichtsjahr 2015 (1157 Personen wandten sich in Wien an die VA) fielen den Volksanwälten Peter Fichtenbauer, Günther Kräuter und der Volksanwältin Gertrude Brinek auf, dass speziell im Bereich Jugendwohlfahrt die meisten Beschwerden eingingen. Ein typischer Beschwerdefall in Sachen Jugendamt sei die Trennung von Kindern und Eltern – dann nämlich, wenn Kinder ihren Eltern abgenommen werden. So seien zuletzt etwa drei Geschwister in verschiedenen Wohngemeinschaften untergebracht worden, zwei von drei Kinder haben laut VA neun Monate lang „ohne ersichtlichen Grund“ ihre Familie nicht sehen dürfen.
Besonders heftige Kritik muss die MA 35 einstecken. Die für die Verleihung von Staatsbürgerschaften zuständige Abteilung missachte „seit Jahren ihre Verpflichtung, Verfahren binnen angemessener Frist abzuschließen“. Und: „Trotz jahrelanger Kritik scheint die MA 35 keine erfolgreichen Strategien zu entwickeln, um eine wirksame (. . .) Optimierung der Verfahrensabläufe herbeizuführen.“ So habe es in einem Verfahren „behördliche Untätigkeit“ gegeben. Insgesamt fast vier Jahre lang!
Weiters kritisierte die Volksanwaltschaft die Vergabekriterien bei Wiener Wohnen. Seit Juli 2015 gilt die Regelung, dass „Langzeit-Wiener“ (entscheidend ist ein Hauptwohnsitz in Wien) auf der Warteliste für Gemeindewohnungen vorrücken. „Wir meinen, dass die Bevorzugung von Wienern nicht EU-konform ist“, sagte Brinek. Diese weitere Differenzierung des Zugangs öffne Möglichkeiten für die „Unter-der-Hand-Vergabe“. (m. s.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)