Bagdad feiert wichtigen Sieg über IS

(c) REUTERS (THAIER AL-SUDANI)
  • Drucken

Nach der Rückeroberung Fallujas schickt Iraks Regierung weitere Einheiten in Richtung Mossul, der Hochburg des Islamischen Staates. Die Kämpfe trieben 30.000 Menschen in die Flucht.

Bagdad. Die irakischen Regierungstruppen machten sich am Wochenende auf die Suche nach den letzten in Falluja verschanzten Kämpfern der Jihadistenorganisation Islamischer Staat (IS). „Eliteeinheiten rücken vor, um die nördlichen Viertel der Stadt zu befreien“, meldete der irakische Generalleutnant Abdulwahab Saadi. In mehreren Vierteln gebe es noch Terrornester, hieß es am Sonntag auch aus irakischen Sicherheitskreisen. Die irakischen Spezialkräfte würden diese Teile der Stadt aber nach und nach einnehmen.

Bereits am Freitagabend hatte Iraks Regierungschef Haidar al-Abadi die Rückeroberung der einstigen IS-Hochburg Falluja verkündet. Zuvor hatte das irakische Militär den Großteil der Stadt westlich von Bagdad zurückerobert. Damit wurde den IS-Extremisten eine weitere herbe Niederlage zugefügt. In den vergangenen Monaten haben die Extremisten bereits weite Teile ihres Territoriums in Syrien und im Irak wieder verloren.

Zwei Divisionen rücken an

Nach der Einnahme Fallujas bringt sich die irakische Armee nun für eine Offensive gegen die nordirakische Stadt Mossul in Stellung. Mossul ist neben Raqqa in Syrien eines der Zentren des sogenannten Kalifats des Islamischen Staates. Während Raqqa die politische Hauptstadt ist, gilt Mossul als militärische Hauptstadt des pseudostaatlichen Gebildes der Extremistenorganisation.

Nach Angaben aus irakischen Sicherheitskreisen rückten am Wochenende zwei Divisionen der irakischen Armee sowie für den Anti-Terror-Kampf geschulte Eliteeinheiten in Richtung Kajara vor. Der Ort liegt etwa 60 Kilometer südlich von Mossul. „Durch den Beginn des Einsatzes zur Befreiung von Kajara wird den Terroristen eine Atempause verwehrt“, erklärte der irakische Verteidigungsminister Khaled al-Obaidi auf Twitter. In der Nähe von Kajara liegt ein Flugfeld, das als Ausgangspunkt für eine Offensive gegen Mossul dienen könnte.

Der irakische Premier Abadi hatte zuvor angekündigt, dass die Armee Mossul noch in diesem Jahr einnehmen werde.

Die Rückeroberung Fallujas durch Iraks Regierungskräfte verschärft aber auch das Flüchtlingsdrama in der Region. In den vergangenen drei Tagen seien laut Schätzungen rund 30.000 Menschen aus der umkämpften Stadt geflohen, erklärte die Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC) am Sonntag. Die Gesamtzahl der Flüchtlinge habe sich damit innerhalb kurzer Zeit auf rund 62.000 verdoppelt.

Schlafen unter freiem Himmel

„Die Lage in den Camps gerät außer Kontrolle“, sagte NRC-Sprecher Karl Schembri. Hilfsorganisationen hatten schon vor der neuen Massenflucht gewarnt, sie hätten kaum noch Geld, um die notleidenden Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Die Lage sei schlimm, erklärte der NRC. Tausende Menschen müssten unter freiem Himmel, in Lagern, Moscheen oder Schulen schlafen. In den Flüchtlingslagern nahe Falluja warteten Hunderte Familien in „sengender Hitze“ auf Zelte.

Der NRC hat nach eigenen Angaben noch Vorräte an Notfallrationen mit Nahrung und Trinkwasser für drei Tage. Die UNO hat 2016 nach eigenen Angaben erst 31 Prozent des Geldes erhalten, das sie für die Versorgung von mehr als sieben Millionen Irakern in Not benötigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Leitartikel

Zur Zerstörung des IS-"Kalifats" braucht es nicht nur Waffen

Iraks Regierung hat in Falluja einen wichtigen Sieg erzielt. Um IS langfristig zu schlagen, muss sie aber das Vertrauen der Sunnitenstämme zurückgewinnen.
Falluja
Außenpolitik

Irakische Truppen jagen verschanzte IS-Kämpfer in Falluja

Die Extremisten-Hochburg nahe Bagdad wurde nach zwei Jahren "bis auf einen kleinen Teil" zurückerobert.
Haidar al-Abadi
Außenpolitik

Iraks Regierungschef: "Wir haben Falluja zurückerobert"

Der Ministerpräsident verkündete die Befreiung der IS-Hochburg Falluja. Laut Einsatzkräften wurden 70 Prozent zurückerobert.
Vor allem Frauen und Kinder fliehen aus Falluja. Die Terrormiliz IS hält Männer mit Gewalt in der Stadt fest.
Außenpolitik

Irak: Gefangen in der Hölle von Falluja

Nur wenige Bewohner schaffen es, aus der belagerten irakischen Stadt zu entkommen. Die Menschen leiden an Hunger, Durst und der Gewalt der Islamisten. Flucht ist lebensgefährlich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.