IOC vertagt Entscheidung über Russlands Olympia-Ausschluss

IOC-Präsident Thomas Bach
IOC-Präsident Thomas BachAPA/AFP/FABRICE COFFRINI
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Das IOC will den Wada-Bereicht analysieren und die CAS-Entscheidung über die Berufung der russischen Leichtathleten abwarten.

Russlands Sportler können weiter auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro hoffen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) vertagte am Dienstag die mit Spannung erwartete Entscheidung über einen kompletten Ausschluss Russlands wegen des Skandals um jahrelanges Staatsdoping.

Man werde zunächst den Ausgang des Verfahrens abwarten, das derzeit vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) wegen des Komplettausschlusses der russischen Leichtathleten von den Olympischen Spielen geführt wird, heißt es in der Mitteilung des IOC vom Dienstag.

Der CAS wollte bis spätestens Donnerstag über den Einspruch der betroffenen Sportler entscheiden. 68 russische Athleten und das Nationale Olympische Komitee Russlands hatten geklagt. Der Weltverband hatte wegen massiver Dopingvorwürfe die Leichtathleten komplett für Olympia gesperrt. Das IOC wird nun abwarten, ob oder in welcher Form die Suspendierung des Verbands Bestand hat.

Entzug der Europaspiele 2019

Allerdings beschloss das IOC andere, vorläufige Maßnahmen gegen Russland. So dürfen weder Offizielle des russischen Sportministeriums noch andere im Report der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) erwähnte Personen zu den Spielen nach Rio reisen. Das betrifft auch Russlands Sportminister Witali Mutko, er wird also nicht für die Rio-Spiele akkreditiert. Mutko hatte am Dienstag seinerseits vier seiner Mitarbeiter auf Basis des Wada-Berichts vom Montag suspendiert.

Zudem werde das IOC keine Sportveranstaltungen in Russland organisieren. Dies schließe auch die Europa-Spiele 2019 ein. Auch sollen Nachanalysen sämtlicher Dopingproben aller russischen Athleten, die 2014 an den Winterspielen in Sotschi teilgenommen hatten, gemacht werden. Diese Athleten werden zudem wie ihre Trainer, Offizielle und auch Hilfskräfte der Sotschi-Spiele durch eine vom Deutschen Denis Oswald angeführte Disziplinarkommission ausführlichen Befragungen unterzogen.

Disziplinarkommission einberufen

Zudem berief das IOC eine fünfköpfige Disziplinarkommission, die sich mit der weiteren Aufklärung befassen soll. In der Kommission sitzt mit ÖOC-Olympia-Arzt Wolfgang Schobersberger in seiner Funktion als Mitglied der Medizinischen Abteilung des Ski-Weltverbandes (FIS) auch ein Österreicher. Die Gruppe solle einen kompletten Ausschluss Russlands gegen das individuelle Recht der Sportler auf eine gerechte Behandlung gegeneinander abwägen.

Grundlage sei dafür der Anti-Doping-Code der Wada und die Olympische Charta, teilte das IOC weiter mit. IOC-Präsident Thomas Bach hatte am Montag nach der Vorlage des Untersuchungsberichts von Wada-Chefermittler Richard McLaren erklärt, das IOC werde die "härtest möglichen Sanktionen" verhängen.

Die Wada hatte dem IOC und dem paralympischen Komitee (IPC) empfohlen, einen Komplettausschluss der russischen Sportler von Olympia und den Paralympics zu prüfen. Der am Montag vorgelegte Bericht von WADA-Chefermittler Richard McLaren wirft Russland jahrelanges Doping unter staatlicher Federführung vor. Betroffen sind neben den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 auch die Leichtathletik-WM 2013 in Moskau und die Schwimm-WM 2015 in Kasan.

Bericht als "Riesenchance"

Der Bericht hatte die Sportwelt erschüttert. Russland hat nach Ansicht der Ermittler jahrelang Doping im Spitzensport staatlich geschützt und gefördert. Zwischen 2012 und 2015 seien 643 positive Doping-Proben russischer und ausländischer Athleten in rund 30 Sportarten, darunter auch elf aus dem Fußball, aussortiert worden.

Der Chef des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Clemens Prokop, sieht in den Wada-Ermittlungen zum russischen Dopingskandal das Startsignal für umfassende Reformen im Sport. "Der McLaren-Report bietet eine Riesenchance, dass nun wirklich damit begonnen wird, die Dopingbekämpfung auch als strukturelles Problem zu sehen und nicht nur als Versagen Einzelner", sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hatte noch am Montag erste Maßnahmen angekündigt Sportminister Witali Mutko bleibt allerdings im Amt. Putin sehe keinen Grund zur Entlassung des Ressortchefs, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag. "Witali Mutko wird im Bericht der Wada nicht als Ausführender erwähnt - im Unterschied zu anderen", meinte Peskow der Agentur Interfax zufolge.

(APA/dpa/AFP)

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