Der Sportgerichtshof CAS fällt am Donnerstag das Urteil über Russlands Leichathleten, IOC berät bis 27. Juli über Komplettausschluss.
Lausanne. Die kleine Schweizer Gemeinde Lausanne steht dieser Tage im Fokus der Sportwelt. Sowohl der Internationale Sportgerichtshof (CAS) als auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) sind am Genfer See angesiedelt, und beide müssen nun Entscheidungen von historischer Tragweite treffen. In beiden Fällen geht es um das Olympia-Startrecht russischer Sportler in Rio (ab 5. August).
Es gilt als wahrscheinlich, dass Olympia 2016 ohne Russen stattfinden. Nach den Dopingskandalen in der Leichtathletik und der Offenlegung eines vom Staat geförderten Dopingsystems – laut einem Bericht der Welt-Antidoping-Agentur (Wada) – steht die Sportmacht vor dem Aus. Bestätigt der CAS die Sperre der 68 Leichtathleten, wird das IOC der „Empfehlung“ der Wada, Russland auszuschließen, folgen. leisten. Das IOC will bis 27. Juli entscheiden, der Ablauf soll aber auf die 28 Weltverbände abgewälzt werden – aus diplomatischen und vor allem rechtlichen Gründen. Somit wären Schadenersatzklagen gegen den Olympia-Veranstalter nicht möglich.
Mutko: „Übereilte Urteile“
IOC-Präsident Thomas Bach hat nach Vorlage des Untersuchungsberichts von Chefermittler Richard McLaren erklärt, das IOC werde die „härtestmöglichen Sanktionen“ verhängen. Bereits am Dienstag wurden erste Maßnahmen beschlossen. So dürfen weder Offizielle des Sportministeriums noch andere im Wada-Report erwähnten Personen nach Rio reisen. Zudem werde das IOC keine Sportveranstaltungen (Europa-Spiele 2019) in Russland organisieren. Auch werden Dopingproben aller russischen Athleten, die 2014 in Sotschi teilgenommen haben, erneut analysiert.
Russlands Sportminister, Witali Mutko, ist erbost. Es seien „übereilte Urteile. Es verwundert, dass solche Schlussfolgerungen nach 57 Tagen Untersuchung gezogen werden!“ Alles beruhe auf Falschaussagen des geflüchteten Antidoping-Laborchefs Grigori Rodschenkow.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)