Die Staatsanwaltschaft wirft unter anderem Ex-Finanzminister Grasser und den Lobbyisten Meischberger und Hochegger Untreue vor.
In den Strafsachen „Buwog" und „Terminal Tower" ist Anklage gegen insgesamt 16 Personen erhoben worden. Es geht um Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften und der Auswahl des Linzer Terminal Towers als neuen Standort der örtlichen Finanzdienststellen und den daran anschließenden Mietvertragsabschluss. Der verursachte Gesamtschaden beläuft sich laut der mehr als 800 Seiten starken Anklageschrift der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die der „Presse“ vorliegt, auf rund zehn Millionen Euro.
Vorgeworfen wird den Angeklagten Geschenkannahme durch Beamte bzw. Bestechung sowie Untreue. Der Strafrahmen für die zur Last gelegten Delikte beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.
>>>> Die Causa Buwog im Detail
Bei den Betroffenen handelt es sich unter anderem um den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser, dessen Anwalt Manfred Ainedter schon Mittwochabend die Anklage gegen seinen Mandanten publik gemacht hatte. Ebenfalls angeklagt wurden Grassers einstiger Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht, die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech, der frühere Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger, sowie der einstige Chef der Constantia Privatbank, Karl Petrikovics. Alle Genannten haben die Vorwürfe stets bestritten. Die Anklage ist nicht rechtskräftig, die Beschuldigten können Einspruch dagegen erheben.
Grasser wird in der Anklage vorgeworfen, sich der Untreue, der Fälschung eines Beweismittels und der Geschenkannahme durch Beamte schuldig gemacht zu haben. Zum Punkt Untreue ist unter anderem festgehalten, dass er und sein einstiger Trauzeuge Meischberger sowie der PR-Berater Hochegger „für das Verkaufsverfahren der Bundeswohnbaugesellschaften zusagte, den bereits im Jahr 2000 gemeinschaftlich gefassten Tatplan (…) umzusetzen“.
>>> Die "Hauptdarsteller" der Buwog-Affäre
Dieser „Tatplan“ habe beinhaltet, dass Grasser während seiner Zeit als Minister versucht habe, „finanzielle Vorteile für parteiliche Entscheidungen des Letztgenannten bei Verkaufsprozessen, Privatisierungen oder Auftragsvergaben der Republik Österreich zu erlangen“. Umgesetzt habe der Ex-Politiker dieses Vorhaben, so die WKStA, indem er „für derartige Entscheidungen Geld von Bietern und anderen Interessenten fordern, sich versprechen lassen und annehmen, selbst jedoch den Bietern und Interessenten gegenüber nicht auftreten sollte“. Stattdessen habe Grasser sich Meischberger, Hochegger und Plech als Überbringer seiner Forderungen bedient (siehe Faksimilie unten).
Der frühere Finanzminister selbst hat den Vorwurf, er habe seit seinem Amtsantritt einen Tatplan verflogt, bereits mehrmals bestritten. Seiner Ansicht nach sei der Buwog-Verkauf „juristisch sauber und einwandfrei“ erfolgt.
In einem, der „Presse“ exklusiv vorliegenden Beweisantrag nennt er die Tatplan-Theorie „geradezu absurd“. Denn sein Wechsel in die Bundesregierung im Jahr 2000 sei mit einer „Arbeitsintensität in einem äußerst turbulenten, instabilen Umfeld nicht zu überbieten“ gewesen. Fazit: „Es ist völlig lebensfremd (…), dass ein neu angelobter Bundesminister für Finanzen (…) in den ersten Monaten seiner Verantwortung einen Plan zur 'Plünderung' der Republik entwirft oder daran teilnehmen würde.“ (mehr dazu in: Wer ist KHG - und was hat er mit der Buwog zu tun?)
700 Einvernahmen, 600 Maßnahmen
Die Ermittlungsverfahren wegen weiterer Vorwürfe gegen die Angeklagten sowie anderer Personen wurden „mangels tragfähigen Nachweises eines strafbaren Verhaltens eingestellt“, erklärte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft am Donnerstag.
Ursprünglich seien Ermittlungsverfahren gegen 55 Personen geführt worden. 700 Einvernahmen von Zeugen, Beschuldigten und Auskunftspersonen seien durchgeführt worden. 600 Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen, Telefonüberwachungen, Kontenöffnungen und Ähnliches seien angeordnet worden.
Durch die internationale Verflechtung wurden 40 Rechtshilfeersuchen an ausländische Staaten gestellt. Die Geldflüsse im Zusammenhang mit den nun angeklagten Bestechungszahlungen gingen laut Ermittlungen von Österreich über Zypern nach Liechtenstein.
(hell/ms/APA)