ÖOC-Affäre: „Niemand darf sich abputzen“

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Ablenkungsmanöver, Schuld, Schuhe und Sühne. Der lästige Olympia-Lobbyist Erwin Roth stellt offene Fragen an Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden.

WIEN. Die Affäre rund um das Österreichische Olympische Comité weitet sich immer mehr aus. Es hagelt jede Menge Schuldzuweisungen, der Domino-Effekt setzt ein. Mit ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth musste der erste Spitzenfunktionär seinen Sessel räumen, auch Leo Wallner, der Langzeitpräsident, zieht die Konsequenzen: Er kündigte seinen Rücktritt an. Die Staatsanwaltschaft in Wien und in Salzburg wurde eingeschaltet, weil vor allem die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2014 zu einem völlig undurchschaubaren Fall wird.

Im Mittelpunkt des Interesses steht der Salzburger Olympia-Förderverein. Von horrenden Honoraren für sogenannte Berater oder verschwundenen Darlehen wollte auf einmal niemand wissen. „Man könnte den Eindruck gewinnen, man lädt jetzt alles auf Jungwirth und Wallner ab – aber da machen es sich einige zu einfach. Zwei Schuldige hat man gefunden, das kommt mir zu wenig vor“, erklärt ein ÖOC-Insider. „Die Verantwortung für das Schlamassel müssen jetzt alle übernehmen. Da darf sich niemand abputzen.“

So getan, als ob der olympische Sumpf ihn nunmehr nichts angehen würde, hat Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SP) und damaliger Aufsichtsratsvorsitzender. Das ist jedenfalls die Meinung von Erwin Roth, jenem Olympia-Lobbyisten, der ob seiner kostenintensiven Hintergrundtätigkeit ins Gerede gekommen ist. Der Salzburger Verleger, zu Gast in der ORF-Sendung „Sport am Sonntag“, richtete daher einen offenen Brief an Schaden. „Sie erklärten mehrfach öffentlich und in den Aufsichtsgremien, dass die Salzburger Winterspiele 2014 GmbH 300.000 Euro als Darlehen an den Förderverein überwiesen habe. Wenn das stimmt, was ich bezweifle, muss das Darlehen zeitnahe gebucht worden sein – und beim zuständigen Finanzamt zur Vergebührung angemeldet werden. Wann ist das geschehen? Wann wurde die Kreditsteuer überwiesen?“ Der Bürgermeister solle doch einfach die Finanzdokumente vorlegen, dann würde er einen Beitrag zur Entwirrung des Chaos und zur Aufklärung der Ungereimtheiten leisten.

Roth betont, sozusagen für die Olympia-Bewerbung, ganze Arbeit gemacht zu haben. „Vielleicht will man nur von eigenen Verfehlungen als Chef der Winterspiele GmbH ablenken. Ein Ablenkungsmanöver, offenbar aus politischem Kalkül betrieben.“

Zum Artikel in der Zeitung „Österreich“ („Den Walter Mayer kaufen wir uns jetzt“) meint Roth nur: „Ich habe kein Interview zum Abdruck genehmigt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2009)

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