Hoffnung auf Jugoslawiens alte Freunde

Russland und China, aber auch Länder wie Libyen werden wieder wichtiger.

Belgrad (ros). In Krisenzeiten erinnert sich auch ein Land im Umbruch gerne an alte Freunde: Libyen sei „ein langjähriger Partner“, begründete Serbiens Präsident Boris Tadi? zu Monatsbeginn, warum er als einer der wenigen namhaften Politiker Europas an den Feiern zum Amtsjubiläum des Autokraten Gadhafi teilnahm. Die Visite bescherte ihm einen prächtigen Orden – und den Vertretern der Rüstungsindustrie lukrative Kontakte.

Auch mit eifriger Reisediplomatie müht sich Belgrad, die Folgen der Krise zu lindern. Zweimal reiste Verteidigungsminister Dragan ?utanovac heuer bereits in den Irak, um einen Rüstungsauftrag von hunderten Mio. Dollar unter Dach und Fach zu bringen. Auffällig müht sich Belgrad um die Wiederbelebung von Jugoslawiens früherer Vorreiterrolle in der Blockfreien-Bewegung.

„Goliath“ Russland im Vorteil

Mit Russland hat Serbien schon zu Zeiten von Exautokrat Slobodan Milo?evi? ein Freihandelsabkommen geschlossen. Ausgezahlt hat sich die Verstärkung der Wirtschaftsbande bisher jedoch fast nur für Moskau. So verscherbelte Belgrad als Dank für Russlands Hilfe im Kosovo-Konflikt die Mehrheitsbeteiligung am Mineralölkonzern Nis weit unter dem Marktwert an Gazprom.

Auch der Nutzen der „strategischen Partnerschaft“ mit Peking, die Präsident Tadi? bei seiner China-Reise im August besiegelte, gilt als umstritten. Es könne keine Partnerschaft zwischen „David und Goliath“ geben, sagt der Ökonom Aleksander Stevanovi?.

Für ein Land wie Serbien sei es „nicht weise“, „alle Eier in einen Korb zu legen“, hält hingegen Wirtschaftsprofessor Boris Begovi? die Verstärkung der Wirtschaftsbande mit Staaten außerhalb der EU für richtig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2009)

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