Neue Hindernisse für Opel-Verkauf

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Opel(c) ASSOCIATED PRESS (Michael Probst)
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EU-Kommissarin Neelie Kroes spricht im Zusammenhang mit der Staatshilfe Deutschlands von "Bestechung". Sie könnte dem geplanten Verkauf des maroden Autobauers noch Steine in den Weg legen.

New York. Die EU-Kommissarin für Wettbewerb, Neelie Kroes, hat den geplanten Verkauf des deutschen Autobauers Opel an den austro-kanadischen Zulieferer Magna und die russische Sberbank scharf kritisiert: „Wir können es nicht akzeptieren, dass eine Regierung Firmen besticht, damit diese Jobs in einem anderen Land abbauen“, sagte Kroes im Rahmen eines Vortrages zum Thema Kartellrecht an der New Yorker Fordham University.

Die Opel-Mutter General Motors (GM) hatte sich vor wenigen Wochen zu einem Verkauf der angeschlagenen Tochter an das Konsortium rund um Magna entschieden. Demnach soll Frank Stronachs Autozulieferer künftig 27,5 Prozent an Opel halten, ebenso wie die russische Sberbank. Die deutsche Regierung unterstützt den Deal durch Staatsgarantien und Zuschüsse in Höhe von 4,5 Mrd. Euro. GM machte kein Geheimnis daraus, dass die Staatshilfe entscheidend zu dem Vertragsabschluss beigetragen hatte.

Spanien legt Beschwerde ein

Doch die finanzielle Unterstützung durch den deutschen Steuerzahler ist der EU nun ein Dorn im Auge. Kroes befürchtet, dass die Regierung rund um Bundeskanzlerin Angela Merkel die beteiligten Firmen überzeugen könnte, überproportional viele Arbeitsplätze in anderen Staaten der Europäischen Union abzubauen. Das würde dem europäischen Wettbewerbsrecht widersprechen. Deshalb werde die EU den Deal „äußerst genau“ auf mögliche Zeichen einer Einflussnahme untersuchen, sagte Kroes.

Mehrere Mitgliedstaaten – zuletzt Großbritannien und Spanien – haben bereits Beschwerde bei der EU eingelegt, weil sie die deutsche Finanzspritze als rechtswidrige Subvention zur politischen Einflussnahme sehen.

Opel beschäftigt in Europa 49.000 Mitarbeiter, rund die Hälfte davon in Deutschland. Magna hat angekündigt, zumindest 10.000 Jobs abbauen zu wollen. Welche Werke geschlossen werden, ist noch ungewiss, doch neben Großbritannien und Spanien dürfte vor allem Belgien betroffen sein. GM, das weiterhin 35 Prozent an Opel halten würde, kündigte eine Schließung des Werkes in Antwerpen an. 2500 Mitarbeiter würden ihre Jobs verlieren.

Die Prüfung des Deals durch die EU könnte bis zu zwei Monate dauern, sagte die Kommissarin für Wettbewerb. Kroes wollte sich zwar nicht darauf festlegen, dass der Verkauf noch platzen könnte. Sie schließt Auflagen im Zusammenhang mit der deutschen Staatshilfe aber nicht aus. Am Dienstag forderte sie die Bundesregierung auf, Details zur Finanzspritze zu übermitteln. Aktuell seien noch zu viele Punkte unklar.

Bei General Motors will man von möglichen Auflagen oder gar einem Scheitern des Verkaufs von Opel noch nichts wissen: „Wir arbeiten daran, die Vereinbarungen mit Magna und Sberbank so bald wie möglich umzusetzen“, sagt GM-Sprecherin Karin Kirchner zur „Presse“. In den USA spekulieren die Medien indes bereits, dass sich GM mit der Annahme der Staatshilfe ein Eigentor geschossen habe. Ein mögliches Szenario: Sollte die EU-Kommission der deutschen Regierung Auflagen erteilen, könnte diese noch abspringen. Die künftige Regierungspartei FDP hat sich von Beginn an stets vehement gegen die 4,5 Mrd. Euro schwere Finanzspritze ausgesprochen. Parteichef Guido Westerwelle sprach von einer Verschwendung von Steuergeldern.

Analysten erwarten zwar, dass die FDP ihr soeben gewonnenes politisches Kapital nicht sofort durch einen Bruch des Deals verlieren wolle. Im Falle von EU-Auflagen könnte sich diese Situation aber ändern. „Dieser Deal ist viel weiter von einem Abschluss entfernt, als das oft dargestellt wird“, so Tim Urquhart von der britischen Denkfabrik IHS Global Insight.

Die Kritiker des Verkaufs von Opel an Magna und die russische Sberbank stoßen sich vor allem an einem möglichen Abfluss von Know-how in Richtung Russland. Die Bevorzugung eines Investors mit russischer Interessenslage nutze weder Opel noch den Steuerzahlern, sagte Westerwelle.

„PlanB“ in der Schublade?

Sollte der Deal tatsächlich noch platzen, droht GM auf der europäischen Tochter sitzen zu bleiben. Denn ob der belgische Finanzinvestor RHJ, der Opel ursprünglich ebenfalls kaufen wollte, ein neues Angebot vorlegen würde, ist ungewiss. Die Belgier fühlten sich wegen der Einflussnahme der deutschen Regierung während des Verkaufsprozesses ungerecht behandelt.

„Einen PlanB gibt es nicht“, sagt Sprecherin Kirchner. Darüber werde man zu gegebener Zeit nachdenken. Sollte GM Opel behalten, könnte ein radikaler Sparkurs die Folge sein. Deutlich mehr als 10.000 europäische Jobs wären gefährdet. Sparen wird es für die Opelaner aber auf jeden Fall heißen. Wie am Mittwoch aus Verhandlungskreisen bekannt wurde, sollen die Mitarbeiter nämlich mit einem Lohnverzicht von 265 Mio. Euro zur Sanierung beitragen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2009)

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