Das Pro-Lager ist erleichtert, die Gegner des Lissabon-Vertrags sagen: "Die Wirtschaftskrise war entscheidend."
Mit spürbarer Erleichterung hat das Ja-Lager die deutliche Zustimmung der Iren zum EU-Vertrag von Lissabon aufgenommen. Zugleich zeigte sich die Regierung bemüht, von einer „gemeinsamen Entscheidung aller Iren“ zu sprechen. Finanzminister Brian Lenihan sagte am Samstag weiter: „Wir haben uns gegen Isolation entschieden.“
Für die Gegner des Lissabon-Vertrags gestand Libertas-Chef Declan Ganley als Erster die Niederlage ein: „Es handelt sich um einen überwältigenden Sieg des Ja-Lagers.“ Es sei aber nur den Vertragsgegnern zu verdanken, dass Irland von den EU-Partnern Zugeständnisse bekommen habe: „Ohne uns hätten wir jetzt keinen irischen EU-Kommissar mehr.“
In ihrer Analyse des Wahlausgangs wichen die beiden Lager weit voneinander ab. Die Vertragsgegner machten die Wirtschaftskrise für ihre Niederlage verantwortlich. Roger Cole von der Pazifistengruppe Pana sagte der „Presse“: „Die Leute haben schlicht und einfach Angst.“ Für die ultrakonservative Bewegung COIR erklärte ihr Sprecher Richard Greene: „Der Kampf ist noch nicht vorbei. (Tschechiens Präsident Václav) Klaus hat noch nicht unterschrieben.“
Demgegenüber führten die Anhänger des Vertrags das Ja auf eine bessere Kampagne ihrerseits und mehr Information der Bürger zurück. Pat Cox, Vorsitzender der Bewegung „Ireland for Europe“: „Es gab weniger Angst, und das gab den Menschen das Vertrauen zu diesem reifen Votum, das gut für Irland und für Europa ist.“ Der Chef des Meinungsforschungsinstituts TNS mrbi, Damian Loscher, hingegen bestätigte, dass die Wirtschaftskrise das wichtigste Motiv der Wähler war: „Die Menschen sind zutiefst verunsichert und streben nach Sicherheit.“ Viele Neinwähler des letzten Referendums seien daher nun ins Ja-Lager gegangen.
Nach dem Votum der Iren liegt es nun an den Präsidenten Polens und Tschechiens, dass der EU-Vertrag in Kraft treten kann. Während der polnische Präsident Lech Kaczyinski schon angekündigt hat, das Abkommen bei einem Ja Irlands „innerhalb von Tagen“ zu unterzeichnen– passieren könnte es schon nächste Woche, so heißt es –, hat sein tschechischer Amtskollege Václav Klaus bisher kein Abgehen von seinem Widerstand gegen den Lissabon-Vertrag erkennen lassen. Mehr noch: Am Samstag demonstrierte Klaus in Prag gegen den EU-Vertrag. Wie er nach dem irischen Ja verfahren wird, ließ er offen. Europaminister Stefan Fule erklärte in Prag: „Die Frage ist nicht, ob wir ratifizieren, sondern wann.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2009)