Tschechiens Präsident verlangt von der EU eine Garantie-Erklärung wie sie Irland erhalten hat. Klaus Kritik am EU-Reformvertrag bleibt aufrecht: "Der Vertrag schafft die Grundattribute eines souveränen Staats ab".
Der tschechische Präsident Vaclav Klaus wird nicht verlangen, dass alle EU-Mitglieder den EU-Reformvertrag wegen der von ihm verlangten Ausnahmeregelung für Tschechien erneut ratifizieren. Klaus Forderung nach einer Ausnahmeregelung für Tschechien von der EU-Grundrechtecharta könne auch ohne neuerlichen Ratifizierungsprozess erfüllt werden, erklärte sein Kabinettschef Jiri Weigl am Freitag, wie die tschechische Nachrichtenagentur CTK berichtete.
Irland als Vorbild
Die Garantien für Tschechien, die Klaus von der EU vor seiner Unterzeichnung des Reformvertrags verlangt, könnten ähnlich jener sein, die Irland eingeräumt wurden, erklärte Weigel laut CTK. Klaus, der als letzter seine Unterschrift unter den Reformvertrag setzen muss, verlangt vor seiner Unterzeichnung, dass die EU den Tschechen eine Garantie einräumt, weil er mögliche Eigentumsforderungen von Seiten vertriebener Sudetendeutscher aus der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg befürchtet.
Eine rechtliche Garantie jedoch würde eine neue Ratifizierung des Vertragswerks in allen EU-Ländern erfordern. Leichter erreichbar sein könnte eine politische Erklärung der Staats- und Regierungschefs mit ähnlichen Garantien, wie sie Irland erhalten hat. Damit wurden dem Land vor dem zweiten Referendum über den Lissabon-Vertrag Zusagen für den Bestand seiner Neutralität sowie besonderer Regelungen zum Abtreibungs- und Steuerrecht gegeben.
Klaus Kritik bleibt
Unterdessen hält der tschechische Präsident Vaclav Klaus an seiner deutlichen Kritik am EU-Reformvertrag fest. "Der Lissabon-Vertrag ist nicht, wie oft dargestellt, nur ein technisch-juristisches Instrument", schrieb Klaus in einer am Freitag vom tschechischen Verfassungsgericht in Brno (Brünn) veröffentlichten Stellungnahme.
Das Abkommen "bedeutet eine Verpflichtung, die faktisch Grundattribute eines souveränen Staats abschafft", kommentierte Klaus vor einer für den 27. Oktober geplanten Anhörung des Gerichts, bei der eine Klage von EU-kritischen Abgeordneten gegen den EU-Reformvertrag behandelt werden soll.
Viele offene Fragen für Klaus
Damit der Lissabon-Vertrag in Kraft treten kann, muss er EU-weit nur noch in Tschechien endgültig ratifiziert werden. Regierung, Parlament und Senat in Prag unterstützen das Abkommen. Klaus hingegen machte in seiner achtseitigen Einlassung erneut deutlich, dass aus seiner Sicht noch viele juristische Fragen in Bezug auf die Kompetenzverteilung zwischen Nationalstaaten und der Union in Brüssel unbeantwortet seien.
Zuletzt hatte Klaus gefordert, die EU-Grundrechtcharta für Tschechien auszusetzen, um Rückgabeforderungen von im Zweiten Weltkrieg Vertriebenen auszuschließen. Darauf ging er in seiner juristischen Stellungnahme von Freitag nicht detailliert ein. Im Schlusswort schrieb er, die Verfassungsrichter sollten klarstellen, ob "die Republik Tschechien nach der Ratifizierung des Lissabon- Vertrags ein souveräner, geeinter und demokratischer Rechtsstaat bleibt, der auf Achtung der Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers basiert".
Ob Klaus beim Gerichtstermin am 27. Oktober, wo möglicherweise bereits ein Urteil fällt, persönlich erscheint, ist bisher offen. Die Klage der Senatoren richtet sich auch gegen Zusatzklauseln, die das Abkommen in den vergangenen Jahren erfahren hat.
(Ag.)