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Experten: Flüchtlinge direkt holen und verstärkter Grenzschutz

(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Innenminister Sobotka hat einen Leitfaden für die Steuerung vorgestellt. Eine eigene Migrationskommission wird eingerichtet.

Wien.Gleich vorweg: Ohne Zuwanderer wird es auch in Zukunft nicht gehen. Konkret 49.000 Menschen, also EU-Bürger, Drittstaatenangehörige oder Flüchtlinge, braucht Österreich jährlich, um genügend Erwerbstätige zwischen 15 und 64 Jahren im Land zu haben. Das ist eine Erkenntnis des vom Innenministerium installierten Migrationsrats. Der Rat hat Strategien und Empfehlungen entwickelt, wie Einwanderung in Zukunft aussehen soll, damit am Ende der soziale Friede im Land gewahrt wird. Wobei ein Plus von netto 49.000 Zuwanderern jährlich (bereits abzüglich jener Menschen, die das Land ohnehin verlassen) laut Fassmann nur eine Richtschnur sei.

Der Migrationsbericht sei jedenfalls eine „Handlungsanleitung für das Innenministerium“, so Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei der Präsentation am Mittwoch. Im ersten Halbjahr 2017 soll auf Basis des Berichts mit der Regierung eine „Migrationsstrategie“ entwickelt werden. Wann diese vorliege, sei noch nicht klar.

Fassmann betonte, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte, mit der qualifizierte Fachkräfte ins Land geholt werden, besser als ihr Ruf sei. Dass mit der Karte heuer (nur) 1600 Menschen ins Land kamen, sei auch an dem Mitbewerb gelegen. Gutqualifizierte könnten sich ihren Lebensmittelpunkt eben aussuchen. Auch müsse man die Wechselwirkung zu den Herkunftsländern beachten. „Wenn aus Afrika Ärzte zu uns kommen, können sie dort fehlen“, so Peter Webinger, stellvertretender Sektionsleiter Gruppe Migration im Innenministerium.

In dem Bericht wird auch vor der demografischen Instabilität gewarnt, die zu viel – und vor allem unkontrollierte – Zuwanderung auslösen kann. Stichwort Flüchtlinge. Denn auch sie sind Teil der Migrationsbewegung. Das System, so wie es jetzt sei, sei aber nicht ideal, so der Schluss des Rats. „Menschen legen Tausende Kilometer zurück und sterben, bis die Schutzmechanismen greifen“, so Webinger. Resettlement, das gezielte Aussuchen von Schutzsuchenden, sei daher eine der wichtigsten Möglichkeiten, auch um Migration kontrollieren zu können. Gleichzeitig sollen an Österreichs Außengrenzen weniger Menschen aufgenommen werden. „Es ist klar, dass Resettlement das neue ,normal‘ ist“, so Webinger. Dabei solle Österreich bereits in bestehende Flüchtlingslager wie in der Türkei und Jordanien gehen und „vulnerable Gruppen“ wie Kinder, Waisen oder Frauen nach Österreich bringen.

Das ist per se nicht neu. Österreich hat bereits ein Resettlement-Programm. In den vergangenen Jahren erklärte sich Österreich bereit, 1900 Flüchtlinge direkt vom Krieg nach Österreich zu holen. Ob das Kontingent als Teil einer neuen Strategie erhöht wird, wollte Sobotka nicht sagen. Klar sei aber, dass dieses neue System „ein effektiver Schutz der Schengen-Außengrenzen“ erfordere, so Webinger.

 

Neue Kommission errichtet

Wichtig sei es auch, in die Integration der vulnerablen Gruppen zu investieren. Der Frage, warum man dann nicht gleich bei der Bildung der zahlreichen unbegleiteten Minderjährigen im Land ansetzen würde, wich der Minister aus. In der Gruppe (meist Afghanen) sei der Spracherwerb das Wichtigste, auch sei nicht klar, ob sie im Zuge des Dublin-Verfahrens in ein anderes Land rückgeschoben werden. Statt des Rats kommt eine Migrationskommission mit Fassmann an der Spitze. Sie soll weiter zum Thema forschen. (win)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2016)