Das Jahrhundertleben der Hollywood-Diva Zsa Zsa Gabor

Ahnherrin der Glamour Girls, aber noch ganz Dame: Zsa Zsa Gabor, geboren im Ersten Weltkrieg.
Ahnherrin der Glamour Girls, aber noch ganz Dame: Zsa Zsa Gabor, geboren im Ersten Weltkrieg. (c) APA
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Von Budapest über Wien ins Hollywood der Fünfzigerjahre – und eine Divenlaufbahn mit neun Gatten und noch mehr Millionen:

Da geht Zsa Zsa Gabor nun also auf Weltreise – und das ausgerechnet nach ihrem Tod. Der Plan ist dem Leben dieser Frau wahrlich angemessen: Als plastinierte Leiche soll die noch im alten Österreich-Ungarn mitten im Ersten Weltkrieg geborene und kurz vor ihrem 100. Geburtstag in Los Angeles verstorbene Schauspielerin mit dem „Körperwelten“-Kreateur Gunther von Hagens auf Tournee gehen. Nochmals soll der Abglanz ihrer alten Schönheit zu sehen sein, die sie 1936 (sic!) zur Miss Ungarn gemacht, bald danach nach Hollywood und bis ins höchste Alter in die Schlagzeilen gebracht hat.

Für Letzteres sorgte freilich nicht nur ihr Aussehen, und schon gar nicht nur ihre Filmrollen, sondern auch ihr sensationsträchtiges Leben und ihre ungenierte Schlagfertigkeit. Zsa Zsa Gabor war eine Diva, die vor allem eine Kunst beherrschte – die aber so gut, dass ihr im 20. Jahrhundert wenige darin gleichgekommen sind: die Kunst, Diva zu spielen. Als solche war sie eine Vorfahrin heutiger Glamour Girls, doch gar nicht „Girl“, sondern ganz Dame, wie damals gefragt. Gerade ihr „europäischer“ Stil, den die amerikanischen Kritiker in den Fünfzigerjahren gern lobend hervorhoben, war ihr in Hollywood hilfreich.

Von Zsa Zsa Gabors Plan für eine posthume Reise erfuhr die Öffentlichkeit anlässlich ihres Todes am Sonntag durch Zsa Zsa Gabors neunten und letzten Ehemann, Frederic Prinz von Anhalt. Mit ihm lebte Zsa Zsa Gabor seit 20 Jahren zusammen, in den vergangenen Jahren fast ausschließlich hinter den Wänden ihrer Bel-Air-Mansion in Los Angeles. Davor war Gabor unter anderem mit dem Schauspieler George Sanders verheiratet, dem Erfinder der Barbie-Puppen John W. Ryan, einem texanischen Ölerben oder dem Hotelier Conrad Hilton, Urgroßvater von Paris Hilton. Ihre kürzeste Ehe – mit einem spanischen Grafen – dauerte nur einen Tag, da die vorhergehende noch nicht rechtsgültig geschieden war. Auch Gabors herrliche Bonmots betreffen fast ausschließlich ihr Verhältnis zu Männern, das zeit ihres Lebens das öffentliche Interesse an ihrer Person beherrscht hat. Von Journalisten gefragt, wie viele Gatten sie nun wirklich hatte, erwiderte sie etwa: „Meinen Sie, abgesehen von meinen eigenen?“ Über ihre Scheidungen und ihr Vermögen sagte sie: „Ich bin eine großartige Haushälterin. Jedes Mal, wenn ich einen Mann verlasse, behalte ich sein Haus.“ Oder: „Ich habe keinen Mann so gehasst, dass ich ihm seine Diamanten zurückgegeben hätte.“ Gabor war ein Role Model hinsichtlich weiblichen Selbstbewusstseins jenseits des Feminismus, eine ostentative Spielerin auf dem Terrain männlicher Schwäche. „Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück“, stellte sie fest. „Eine Frau weicht nur zurück, um besser Anlauf nehmen zu können.“ Und sie schmückte ihren Namen nicht nur mit jenen bekannter Ehemänner, sondern ihr Leben auch mit deren Vermögen.

Begonnen mit Wiener Operette

Als schönes Hollywood-Gesicht der 1950er-Jahre hat die als Sári Gabor in Budapest geborene Tochter eines ungarischen Gardeoffiziers begonnen, Männer und Medien zu erobern. Gestartet aber hat Gabor ihre künstlerische Laufbahn eigentlich in Wien. Sie studierte an der Musikakademie, und der berühmte Operntenor und legendäre Lehár-Interpret Richard Tauber engagierte die damals kaum Volljährige 1934 für die Uraufführung seiner Operette „Der singende Traum“. Gabors Familie war jüdisch, 1941, als ihre erste Ehe mit einem türkischen Diplomaten scheiterte, emigrierte sie mit Eltern und Geschwistern in die USA. Wie ihre Schwester Eva wollte sie Filmschauspielerin werden – und wurde es, Hauptrollen hatte sie freilich selten. Ihre bekannteste gab ihr Regisseur John Huston in seinem Film „Moulin Rouge“ von 1952. Im selben bzw. darauffolgenden Jahr spielte sie in „Lovely to Look at“, „We're Not Married“ und „Lili“.

Nach einem Unfall im Jahr 2002 war Zsa Zsa Gabor an den Rollstuhl gefesselt, sie musste an einem Bein teilamputiert werden und war seit Jahren so schwer krank, dass Trauer um den knapp – nämlich zwei Monate – verfehlten 100. Geburtstag fehl am Platz wäre. Auch wenn Gabor damit eines ihrer erklärten Ziele verfehlt hat: älter als ihre mit 103 Jahren verstorbene Mutter zu werden. Zu ihren letzten Wünschen gehörte auch die Rückkehr in ihre Heimatstadt Budapest. 2017 wollte sie übersiedeln und ihre letzte Lebenszeit dort verbringen. Er sei entschlossen gewesen, ihr den Wunsch zu erfüllen, sagte Ehemann Frederic Prinz von Anhalt, und habe anlässlich ihres Abschieds von Amerika und ihres 100. Geburtstags eine Party geplant. Das wäre ein Ende gewesen! Zsa Zsa Gabors Jahrhundertleben ist freilich auch so filmreif – mehr noch als alle Leinwandrollen ihres Lebens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2016)

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