Israel: Minister erklärt Zweistaatenlösung mit Trump für tot

Blick über die Altstadt in Jerusalem.
Blick über die Altstadt in Jerusalem.APA/AFP/AHMAD GHARABLI
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Mit der Angelobung des nächsten US-Präsidenten könne Israel Palästina von der Tagesordnung nehmen, erklärt der Ultrarechte Bennet.

Mit Donald Trump als US-Präsident wird es nach Einschätzung eines ultrarechten israelischen Ministers keinen unabhängigen Palästinenserstaat geben. "Am 20. Jänner nehmen wir Palästina von der Tagesordnung", sagte Erziehungsminister Naftali Bennett am Donnerstag der Nachrichtenseite "ynet". Er bezog sich damit auf den Tag des Amtsantritts des künftigen US-Präsidenten.

Am Mittwoch hatte der scheidende US-Außenministers John Kerry in einer Grundsatzrede an Israel und die Palästinenser appelliert, die Vision einer Zweistaatenlösung nicht aufzugeben. "Kerry hat vielleicht gute Absichten", sagte Bennett dazu. "Aber seine Rede ist wie seine Politik - völlig losgelöst von der Realität". Man werde der "messianischen Idee eines islamischen Staates" an Israels Seite nicht zustimmen.

Kerry hatte in sechs Punkten seine Vision einer Friedensregelung in dem Konflikt dargelegt und für eine Zweistaatenlösung auf Grundlage der Grenzen von 1967 mit vereinbartem Landtausch plädiert. Jerusalem solle nicht wieder geteilt werden wie 1967, sondern als Hauptstadt beider Staaten dienen - mit freiem Zugang zu den religiösen Stätten aller drei monotheistischen Religionen.

Kerry kritisierte Israel scharf

Kerry forderte ein Ende der Besatzung. Er gab zu verstehen, dass es für palästinensische Flüchtlinge kein Rückkehrrecht ins israelische Kernland, sondern eine Entschädigung und Hilfe bei der Suche nach einer festen Bleibe geben solle. Zudem müsse die Vereinbarung die Sicherheit Israels garantieren.

Der Außenminister sparte nicht mit deutlichen Worten an die Adresse Netanyahus. "Der israelische Ministerpräsident unterstützt öffentlich eine Zweistaatenlösung, aber seine jetzige Koalition ist die rechteste Regierung in der Geschichte des Landes und hat eine Agenda, die von den extremsten Elementen angetrieben wird", sagte er und spielte damit offenbar auch auf Bennett und seine Partei "Jüdisches Heim" (HaBayit HaYehudi) an.

Bennett setzt sich für die Annektierung großer Teile des Westjordanlands und einen entsprechenden Gesetzesentwurf ein. Man werde zunächst israelische Rechtsprechung auf die Siedlerstadt Maale Adumim östlich von Jerusalem ausweiten und dann auf weitere Teile des Westjordanlands, kündigte der Vorsitzende der Siedlerpartei an.

Ermittlungen gegen Netanyahu

Kerry scheidet am 20. Jänner nach vier Jahren aus dem Amt. Er hatte als Vermittler die vorerst letzten Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern ermöglicht. Diese scheiterten im April 2014.

Zwischen den USA und Israel war es zu Spannungen gekommen, nachdem der UNO-Sicherheitsrat Israel am Freitag in einer Resolution zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalems aufgefordert hatte. Dies war möglich geworden, weil die USA erstmals seit 1979 kein Veto gegen eine Vorlage zu diesem Thema einlegten.

Gegen Netanyahu wurde unterdessen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eröffnet, wie am Mittwochabend bekanntwurde. Zunächst wurde nicht mitgeteilt, um welche Anschuldigungen es geht. Im November war bekannt geworden, dass Israels Polizei einen U-Boot-Vertrag mit Deutschland unter die Lupe nimmt. Das israelische Justizministerium teilte damals mit, dass der Generalstaatsanwalt eine polizeiliche Untersuchung des rund 1,5 Milliarden Euro schweren Kaufs von drei U-Booten von ThyssenKrupp angeordnet habe.

Umstrittenes Westjordanland
Umstrittenes WestjordanlandAPA

(APA/dpa)

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Die Rede des US-Außenministers werde dazu führen, "dass die Palästinenser sich in den Positionen eingraben, die Kerry nennt", sagt Gilad Erdan.

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