Die Lösung in Deutschland: Elf Euro am Tag

Hartz IV hat die Unterstützung der Arbeitslosen grundlegend verändert. Doch das Gesetz bleibt umstritten.

wien (mar). Seit geraumer Zeit ist Peter Hartz von der öffentlichen Bühne verschwunden. Doch die Gesetze, für die der Expersonalvorstand von VW Pate gestanden ist, sind in Deutschland bis heute allgegenwärtig. Als die Zahl der Arbeitslosen im März 2003 den Stand von 4,7 Millionen erreichte, präsentierte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Agenda 2010. Sie sollte eines der großen Reformprojekte der rot-grünen Koalition werden.

Ein Kern der Agenda 2010 waren die sogenannten Hartz-Gesetze, welche die Rahmenbedingungen des Arbeitsmarkts reformieren. Der am meisten umstrittene Bereich davon ist Hartz IV, das den Bezug von Arbeitslosengeld regelt. Deutschlandweit gingen Hunderttausende gegen die Änderungen auf die Straße. Ergebnislos. Doch nach der Abwahl Schröders 2005 gab es auch im bürgerlichen Lager Stimmen, die Rot-Grün größere Reformleistungen bescheinigt haben als der zuvor 16 Jahre regierenden Koalition von Helmut Kohl.

359 Euro im Monat

Die Hartz-Gesetze bleiben bis heute umstritten: In diesen Tagen ist vor allem Hartz IV eines der heißen Eisen in den Verhandlungen zwischen der Union und der FDP in Berlin. Die Liberalen drängen darauf, Hartz IV ganz abzuschaffen und durch ein Bürgergeld zu ersetzen. Offiziell hält sich die CDU bisher mit Plänen zu solchen Systemänderungen zurück. Hier ein Überblick, wie für Erwerbslose in Deutschland die Mindestsicherung geregelt ist. Der zentrale Teil von Hartz IV ist das Arbeitslosengeld II. Grundsätzlich richtet sich die Leistung nicht mehr nach der Höhe des früheren Einkommens, sondern nach dem gegenwärtigen Bedarf. Zentrales Ziel ist die Wiedereingliederung der Bezieher in den Arbeitsmarkt. Die Zielgruppe sind Langzeitarbeitslose und erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger.

Mittlerweile gilt in Ost- wie in Westdeutschland der einheitliche Satz von 359 Euro im Monat für Alleinstehende. In einer Hausgemeinschaft lebende Partner bekommen jeweils 323 Euro. Alleinerziehenden und werdenden Müttern wird ein Mehrbedarf zwischen 60 und 129 Euro zugestanden. Für Kinder, die im gemeinsamen Haushalt wohnen, werden bis zum 25. Lebensjahr nach Alter gestaffelte, gesonderte Leistungen von bis zu 287 Euro gezahlt.

Zusätzlich werden die Miete und die Wohnnebenkosten wie die Heizung vom Staat übernommen. Auch die Frage, ob die Wohnung „angemessen“ ist oder nicht, ist geregelt – wer in einer zu großen Wohnung wohnt, muss umziehen oder mit Einschnitten rechnen.

Der Lebenspartner, der in einer Hausgemeinschaft mit dem Bezieher wohnt, wird ebenfalls bei der Berechnung der Höhe herangezogen. Das persönliche Vermögen darf eine bestimmte Grenze nicht überschreiten: Wer also in seinem eigenen Haus wohnt, muss das erst verkaufen, bevor er staatliche Unterstützung erhält.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2009)

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