Die Republik soll 30 Millionen Euro wegen falscher Schuldenangaben des Landes Salzburg zahlen.
Der im Jahr 2012 aufgeflogene Salzburger Finanzskandal wirft lange Schatten, er könnte nun auch die Republik teuer zu stehen kommen. Die EU-Kommission hat Österreich am Mittwoch wegen falscher Schuldenangaben des Landes Salzburg zu einer Strafe von 29,8 Millionen Euro verdonnert. Noch gibt es allerdings eine Galgenfrist. Endgültig beschließen muss die Strafe nämlich der EU-Ministerrat. Die Finanzminister der Mitgliedstaaten werden voraussichtlich bei ihrem Treffen am 22. März über die Strafe für Österreich entscheiden.
Die Brüsseler Behörde erklärte, dass die „schwerwiegende Nachlässigkeit öffentlicher Stellen“ im Zusammenhang mit dem Salzburger Finanzskandal dazu geführt hätte, „dass das Defizit und der Schuldenstand Österreichs im Zeitraum 2008 bis 2012 in den statistischen Datenmeldungen an Eurostat von 2012 und 2013 falsch dargestellt wurden“. Der Hintergrund für die heikle Causa: Im Dezember 2012 war bekannt geworden, dass das Land Salzburg jahrelang an den internationalen Finanzmärkten mit risikoreichen Wertpapieren und Währungen spekuliert hatte. Die Entscheidung der Landespolitik, „Finanzmanagement“ zu betreiben, war mangels geeigneter Kontrollstrukturen und wegen eines völligen Systemversagens total entglitten. Politik und Verwaltung hatten sich darauf verlassen, dass Monika Rathgeber, die Leiterin des Budgetreferats, die Salzburger Finanzen im Griff hatte.
Wie sie das machte, wollte niemand so genau wissen. Es dauerte Monate, bis sich externe Experten einen Überblick über die Spekulationsgeschäfte und die tatsächliche finanzielle Situation verschafft hatten. Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, der Rücktritt des zuständigen Finanzreferenten, LH-Stv. David Brenner (SPÖ), ein Untersuchungsausschuss im Landtag und nicht zuletzt der Verlust des Landeshauptmannsessels für die SPÖ waren die Folgen. Vor dem Auffliegen der Causa hatte das Land Salzburg offiziell einen Schuldenstand von 776 Mio. Euro, danach kletterte das Minus 2013 auf über 2,2 Mrd. Euro.
Salzburg kann die Entscheidung der EU-Kommission nicht verstehen. Das Land habe selbst Zeit gebraucht, um sich einen Überblick zu verschaffen. Im Jänner 2013, einen Monat nach Bekanntwerden des Skandals, sei mit der Statistik Austria Kontakt aufgenommen worden, dass gemeldete Daten, die für die Weitergabe an die Eurostat wesentlich sind, nicht richtig gewesen sein könnten, hieß es in einer Stellungnahme des Landes. Im Mai 2013 wären die korrekten Daten an die Statistik Austria weitergegeben worden. Im Herbst meldete Österreich die Daten dann an Eurostat.
Neben der verspäteten Meldung ist das Organisationsversagen mit nicht vorhandener Kontrolle der zweite Hauptvorwurf der EU an Österreich. „Es kann nicht so sein, dass Salzburg den Schaden hat, diesen korrekt meldet, die Schäden aufarbeitet und dann noch für diese absolut saubere Vorgangsweise bestraft wird“, ärgern sich Salzburgs Landeshauptmann, Wilfried Haslauer (ÖVP), und sein Regierungskollege Finanzreferent Christian Stöckl über die Entscheidung der Kommission. Sie wollen alle Hebel in Bewegung setzen, um die Strafzahlung abzuwenden. Gelingt dies nicht, möchten sie gemeinsam mit der Bundesregierung den Europäischen Gerichtshof anrufen.
Ermittlungen noch nicht abgeschlossen
Ausgestanden ist der Salzburger Finanzskandal noch lange nicht. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen auch vier Jahre nach Bekanntwerden der Geschäfte nicht abgeschlossen. In einem kleinen Teilbereich der Übertragung von sechs Zinstauschgeschäften von der Stadt Salzburg an das Land im Jahr 2007 wurde kürzlich gegen sieben Personen, darunter Salzburgs Bürgermeister, Heinz Schaden (SPÖ), und der ehemalige Finanzreferent, Othmar Raus (SPÖ), Anklage erhoben. Ein Prozesstermin steht noch aus.
Für den österreichischen Finanzminister, Hans Jörg Schelling (ÖVP), ist das letzte Wort in der Sache noch nicht gesprochen. Er hoffe, dass die Millionenstrafe vom EU-Finanzministerrat entweder ganz abgelehnt oder zumindest gemildert werde, sagte Schellings Sprecherin.