98,7 Prozent Zuspruch: Die FPÖ setzte bei ihrem Parteitag alles daran zu zeigen, dass Strache der unumstrittenen Chef ist. Den meisten Jubel erhielt für seine Rede – nein, nicht Hofer – sondern Generalsekretär Kickl.
Die genaue Anzahl ist nicht überliefert, gefühlt fällt der Begriff Geschlossenheit an diesem Samstag in Klagenfurt aber gleich mehrere Dutzend Male. Zum Beispiel in der Rede des freiheitlichen Vize-Bürgermeisters, Christian Scheider: „Wir sind stärker und geschlossener denn je.“ Oder in der Ansprache von Generalsekretär Herbert Kickl: „Wir zeigen Geschlossenheit: Die anderen wissen ja nicht einmal mehr, was das heißt.“ Und natürlich sagt es auch Heinz-Christian Strache selbst: „Wir stehen für Geschlossenheit und Stärke. So wenig gestritten wie jetzt wurde noch nie.“
Man muss also kein Politikwissenschaftsstudium in der Tasche haben, um zu erahnen: Die Freiheitlichen wollen an diesem Bundesparteitag sämtliche Obmanndebatten, ob selbst geschürt oder nicht, ein für allemal beenden. Nach innen wird einmal mehr der Zusammenhalt beschworen.
Kein Funktionär soll die Position der FPÖ schwächen, indem er den Parteichef hinterfragt. Aber vor allem nach außen soll signalisiert werden: Strache ist der unumstrittene Chef. Und seine Partei steht – erraten – geschlossen hinter ihm. Die Bemühungen machen sich auch bezahlt: Strache erhält bei seiner Wiederwahl 98,7 Prozent der Stimmen – sein bisher bestes Ergebnis. 2005, als er kurz nach der Abspaltung von Jörg Haider die Partei übernahm, wählten ihn noch 90,1 Prozent der Delegierten. Beim vergangenen Parteitag 2013 waren es 96,3 Prozent.
Strache zum Spitzenkandidaten gewählt
Zur Sicherheit wurde er, Strache, auch gleich zum Spitzenkandidaten für die kommende Nationalratswahl gewählt – wann immer die auch stattfinden wird. Am Freitag ernannte ihn der Bundesparteivorstand einstimmig als Listenerster für die FPÖ. Und wer verkündete den 688 Delegierten diese Botschaft? Norbert Hofer, der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat, Dritter Nationalratspräsident – und für viele ein potenzieller Konkurrent Straches.
Aber auch Hofer soll im kommenden Wahlkampf eine entscheidende Rolle spielen: „Ich werde alles geben, damit Heinz-Christian Strache der nächste Bundeskanzler wird.“ Nachsatz: „Rot und Schwarz werden sich noch wundern, wie gut das Wahlergebnis der FPÖ sein wird.“
Dann dreht sich wieder alles um Strache: „Du hast eine Vision, du triffst deswegen die richtigen Entscheidungen.“ Und: „Du bist ein herzlicher Mensch, mit einer irrsinnigen sozialen Intelligenz.“ Auch sein Erfolg bei der Hofburg-Wahl sei ohne ihn nicht möglich gewesen. „Wir sind zwar unterschiedlich, aber wir halten zusammen.“
Zuvor hatte schon der Parteichef seinen großen Auftritt. Und auch seine Botschaft war klar: „Es gibt keine andere Partei, die seit zwölf Jahren mit einem Obmann Kontinuität lebt“. Und: „Die andere sind ja neidig über unseren Erfolg.“ Die anderen? Das sind hauptsächlich SPÖ und ÖVP, aber auch die Grünen, die Neos und im Zweifelsfall die Medien.
Das Ziel für die kommende Nationalratswahl formuliert er bewusst eher bescheiden: „Wir wollen Platz zwei erreichen. Vielleicht geschieht aber auch ein Wunder und wir werden die stärkste Kraft.“ Dafür brauche es neben ihm aber andere Persönlichkeiten. Unter anderem auch Hofer. Und vor allem auch weiter auf viele Themen setzen. Es stimme nicht, dass die FPÖ monothematisch sei, meint Strache. Das werde der Partei nur attestiert.
Der Großteil der Rede dreht sich dann aber um das Thema Migration („Man findet kaum mehr einen Österreicher, der Mindestsicherung bezieht“), Terror oder Islam. Vor allem sieht Strache die Flüchtlingspolitik der Regierung wohl als Gefahr für den eigenen Kurs. Gleich mehrmals hintereinander betont er: „Wir sind die wahren Patrioten, das Original.“ Die Bevölkerung dürfe nicht nochmals den Fehler machen, sich täuschen zu lassen und den Schmiedl, also Rot-Schwarz, zu wählen.
"Ich mag die Menschen"
So richtig in Schwung kommt Strache bei der Rede nicht, zumindest ist man anderes von ihm gewohnt. Auch das Publikum wird nach und nach unruhig. Am Ende ruft der FPÖ-Chef noch: „Ich liebe die Österreicher, ich liebe euch, ich mag die Menschen.“ Die Standing Ovations sind wohl prinzipiell ehrlich gemeint, der Applaus aber nicht überschwänglich. Den meisten Jubel – Hofer hin, Strache her – bekommt dann Generalsekretär Kickl. Er teilt in Richtung Grüne aus („Man weiß nicht, ob die Gucci-Fraktion oder der neue Sauschädel-Populismus an der Macht ist), aber auch SPÖ, ÖVP und Medien. Einzig für „die Lokomotive“ Strache gibt es Lob: „Er ist zwar Wiener, aber geländetauglich.“ Da ist sie wieder, die Geschlossenheit.