Die umstrittene Maßnahme gegen die von George Soros gegründete Central European University sorgt unter den Gemäßigten in der Regierungspartei für Unmut.
Budapest. Der Skandal um Ungarns Reform des Hochschulgesetzes ist international auf dem Höhepunkt. Berlin, Brüssel und Washington üben Druck auf Ungarns Premier, Viktor Orbán, aus, um das Gesetz erneut zu ändern. In seiner gegenwärtigen Form würde es das Gesetz der vom US-Milliardär George Soros finanzierten Central European University unmöglich machen, den Betrieb aufrechtzuerhalten. In Budapest wird derweil alle paar Tage demonstriert. Auch am Mittwoch waren es mehr als zehntausend in Budapest, die einem Aufruf von über hundert Nichtregierungsorganisationen (NGO) folgten.
In der Regierung selbst war der Gesetzesplan umstritten, wie mehrere Quellen der „Presse“ bestätigten. „Die Sache war schon länger geplant, zusammen mit dem neuen Gesetzesentwurf gegen ausländisch finanzierte NGOs“, sagt ein Insider. Auch dieser Entwurf, der kürzlich ins Parlament eingebracht wurde, zielt indirekt vor allem auf Organisationen, die von Soros finanziert werden. Das CEU-Gesetz sollte zu einem späteren Zeitpunkt geändert werden, Orbán habe aber entschieden, den Plan vorzuziehen.
Das traf dem Vernehmen nach auf Widerstand vor allem im federführenden Ministerium für Humanressourcen. Der für Hochschulbildung zuständige Staatssekretär, László Palkovics, habe einer Quelle zufolge von Anfang an davor gewarnt, dass die Maßnahme zu großen Problemen führen werde. Palkovics vertritt das Gesetz nach außen aber weiterhin überzeugt.
Minister unter Druck gesetzt
Einer anderen Quelle innerhalb der Regierungspartei zufolge war auch der zuständige Minister selbst nicht begeistert. Zoltán Balog, Minister für Humanressourcen, sei unter Druck gesetzt worden, die Sache mitzutragen. Am Ende war es dann Balog, der den Gesetzesentwurf ausarbeiten lassen musste. Er gilt als einer der vernünftigeren Köpfe in der Regierung und wurde unter anderem mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Auch der Fidesz-Vizevorsitzende, Gergely Gulyás, sei dagegen gewesen, konnte sich laut zwei Quellen aber nicht durchsetzen.
Und dann wäre da der ungarische EU-Kommissar für Bildung, Tibor Navracsics. Er war früher Justiz- und dann Außenminister, bevor er nach Brüssel weggelobt wurde. Er gilt als einer der wenigen „Europäer“ in der Regierungspartei. Er hat zum mittlerweile als Lex CEU bekannten Gesetz ein schriftliches Statement abgegeben, in dem es hieß, es sei wichtig, dass die CEU als „eine der wichtigsten Universitäten der Region“ nach eventuellen Korrekturen von Regelwidrigkeiten ihren Betrieb störungsfrei aufrechterhalten könne.
Sowohl George Soros selbst als auch die CEU haben derweil zu Protokoll gegeben, dass die Universität nicht plant, Budapest zu verlassen. Offenbar vertrauen sie darauf, dass nationaler und internationaler Druck die Regierung zum Einlenken bewegen wird. Tatsächlich haben alle wesentlichen Politiker in Budapest seit Kurzem ihren Ton geändert. Es gehe nur um mehr Transparenz, niemand habe vor, die CEU zu schließen, heißt es nun. Es sei alles nur ein großes Missverständnis, hervorgerufen von einer „Lügenkampagne“ der „von Soros beeinflussten Medien“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2017)