Als ersten Teilnehmer des G20-Gipfels empfing Angela Merkel den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, der sich mit einer Lobeshymne bei der Kanzlerin einstellte. Sie sieht in ihm auch einen Verbündeten.
Wien/Berlin. Xi Jinping machte den Auftakt zum G20-Gipfelreigen in Hamburg. Via Zwischenstopp in Moskau und einer Stippvisite bei Wladimir Putin im Kreml kam Chinas Staatschef bereits am Dienstagabend als erster der Teilnehmer des hochkarätigen Treffens in Deutschland an. Die Gastgeberin rollte in Berlin den roten Teppich aus, und dem Gast aus Peking wurde die seltene Ehre eines Abendessens im Kanzleramt zuteil. Auch Joachim Sauer – Merkels Ehemann, der sich ansonsten bei politischen Terminen rar macht – war als Tischherr geladen.
Bevor Xi in Berlin eintraf, hatte er schon in höchsten Tönen über die deutsch-chinesische Freundschaft geschwelgt. In einem ganzseitigen Kommentar in der Zeitung „Die Welt“ pries er die Führungsrolle Pekings und Berlins im Zeitalter der Globalisierung und sprach von einem „Musterbeispiel“ der Zusammenarbeit. „Der strategische Charakter der chinesisch-deutschen Beziehungen gewinnt ständig an Bedeutung“, schrieb er und rief zu einer weiteren Vertiefung der Kooperation zwischen der zweit- und der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt auf.
Es war mehr als ein Zeichen chinesischer Höflichkeit. Xi ging es darum, sich vor dem G20-Gipfel in Hamburg als führenden internationaler Player zu profilieren. Ein halbes Jahr zuvor hatte er sich bei einer Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos als Verfechter der Globalisierung und des Freihands präsentiert – im offenkundigen Gegensatz zum US-Präsidenten Donald Trump. Umgekehrt betrachtet Merkel den chinesischen Staatschef als Verbündenten für ihre G20-Agenda, vor allem in der Klima- und Handelspolitik.
Zwischenstopp bei Putin
Bei einem Besuch Xis in Trumps Urlaubsdomizil in Florida kam es zwar zu einer Annäherung, doch zuletzt betonte Chinas Präsident neuerlich die Differenzen mit den USA. Die bilateralen Beziehungen seien von „negativen Faktoren“ getrübt, sagte er. Er meinte damit nicht allein den Nordkorea-Konflikt und US-Sanktionen für eine chinesische Bank, sondern auch einen US-Waffendeal mit Taiwan und den lange schwelenden Streit um die Seerechte im Südchinesischen Meer. Im Vorfeld des G20-Gipfels herrscht die Befürchtung, die Trump-Regierung könnte Strafzölle gegen chinesische Stahlfirmen verhängen – und damit auch deutsche Unternehmen treffen.
Trotz der Gipfelvorbereitungen nimmt sich Merkel viel Zeit für den chinesischen Präsidenten, der mit seiner Panda-Diplomatie punkten will. Heute werden sie im Berliner Zoo ein Pandahaus für die Bären Meng Meng und Jao Qing eröffnen und anschließend im Olympiastadion eine Fußball-Kooperation besiegeln.
Im Gepäck hatte Xi Jinping den Andreasorden, den höchsten russischen Orden, den Putin ihm verliehen hatte. Chinas Staatschef trieb in Moskau sein Prestigeprojekt voran, das Seidenstraßenkonzept. Putin und Xi schlossen Handelsabkommen in Milliardenhöhe ab. Spätestens am Freitag werden sie einander in Hamburg wiedersehen. Merkel wird am Donnerstagabend zunächst einen schwierigen Partner empfangen: Donald Trump wird erstmals als Präsident seinen Fuß auf den Boden seiner Vorfahren setzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2017)