Ohne Panik und mit Augenmaß müsse man die Situation am Brenner beobachten, mahnt Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Innsbruck. Die Heimat spielte eine große Rolle in seinem Wahlkampf, und am Donnerstag stattete Bundespräsident Alexander Van der Bellen dieser erstmals einen offiziellen Besuch als Staatsoberhaupt ab: In Tirol gab es für ihn einen landesüblichen Empfang vor dem Landhaus. Schützen, Musikkapelle und Abordnungen von Traditionsverbänden marschierten auf, um Van der Bellen, der im Kaunertal und in Innsbruck aufwuchs, Willkommen zu heißen. Salutschuss und Schnapserl durften natürlich auch nicht fehlen.
Präsent waren bei Van der Bellens Besuch natürlich auch die Diskussionen um etwaige Grenzkrontrollen am Brenner. Der Bundespräsident plädiert dafür, „ohne Panik und mit Augenmaß die Situation zu beobachten“. Der Brenner sei „nicht irgendeine Grenze“, sondern eine „sensible Grenze“, die die Einheit Europas symbolisiere, so Van der Bellen in seiner Rede vor dem Tiroler Landtag.
Die Flüchtlingssituation am Brenner sei stabil, die Lage unter Kontrolle, meinte der Bundespräsident. Man solle daher mit „Vernunft und Sachlichkeit“ und vorsichtig mit solchen Fragen umgehen. Gleichzeitig wies Van der Bellen aber auch darauf hin, dass sich angesichts steigender Ankünfte in Italien etwas zusammenbraue. „Es ist europäische Solidarität mit Italien einzufordern – nicht nur verbal und plakativ.“
„Keine Kriegsrhetorik“
Natürlich sei es das Recht jedes Staates, zu wissen, wer einreise. Aber es gibt auch die verfassungsrechtliche Pflicht, ein rechtsstaatliches Verfahren für Asylwerber zu gewährleisten, so das Staatsoberhaupt. Bedauerlich fand er „mache Medienberichte“, durch die der Eindruck entstanden sei, „dass Österreich den Kriegsfall ausruft“. Es seien keine Panzer am Brenner vorgesehen gewesen, sondern „militärische Lkw“, so der Präsident.
„Es wäre gut gewesen, wenn man die italienischen Behörden rechtzeitig über den Sinn dieser Maßnahme unterrichtet hätte“, sagte Van der Bellen, ohne Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) direkt zu kritisieren. Mit diesem habe er telefoniert, „und damit ist es gut“.
Durch Stellungnahmen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) habe sich die Angelegenheit wieder entspannt. In Wahlkampfzeiten müsse man besonders gut aufpassen, keine internationalen Irritationen auszulösen.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter mahnte die Bundesregierung in der Brenner-Frage indes zu Einigkeit. Es gebe eine große Verunsicherung in der Bevölkerung aufgrund der Wortmeldungen in den vergangenen Tagen. „Wir brauchen keine Kriegsrhetorik, die Dinge schön zu reden geht aber auch nicht“, so Platter. Man brauche „Rezepte und Strategien“ und müsse auf alle Szenarien vorbereitet sein. Dafür sei die Regierung verantwortlich. Einmal mehr meinte Platter, dass die Lage am Brenner „derzeit im Griff“ sei. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2017)