Lautsprecher des Anti-Obama-Senders

Obama
Obama(c) EPA (MICHAEL REYNOLDS)
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Das Network Fox Newstrommelt gegen den US-Präsidenten. Von allen Obama-Kritikern haut Beck neben dem bulligen Radiorabauken Rush Limbaugh am lautesten auf die Pauke. Ein politischer "Clown".

Servilere Stichwortgeber als die schaumgebremsten Starmoderatoren von Fox News konnte sich Sarah Palin nicht wünschen. Abend für Abend feuerte die „Evita Perón der Republikaner“, so die „Washington Post“, in einer mehrteiligen Serie ihre populistischen Salven in den Talkshows von Sean Hannity, Bill O'Reilly und Greta Van Susteren ab. Es war eine medial-politische Symbiose ganz im Sinne des Medienmoguls Rupert Murdoch, des Eigentümers von Fox News und dem Buchverlag Harper Collins, in dem Palins Autobiografie „Going Rogue“ erschienen ist. Dank der extensiven Promotion setzte die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin allein in der ersten Woche 700.000 Exemplare ab. Nur Bill Clinton hat mit seinem Memoirenband noch größere Zugkraft bewiesen.

Ein Markenname des konservativen Kabelsenders fehlte in dem Interviewreigen mit dem Shootingstar aus Alaska: Glenn Beck, der Bestseller zuletzt quasi aus dem Ärmel geschüttelt hat und selbst als Senkrechtstarter in der TV-Welt aufgetaucht ist. Fox News hatte den Radiomoderator erst im Vorjahr von den Headline News des Konkurrenzsenders CNN abgeworben.

Innerhalb weniger Monate hat sich Beck in der eher undankbaren Vorabendleiste mit seinen schrägen Verschwörungstheorien und bizarr-tränenseligen Einlagen zum Publikumsliebling mit Einschaltquoten von bis zu drei Millionen Zusehern etabliert. Er ist drauf und dran, O'Reilly den Rang als Galionsfigur abzulaufen. Von allen Obama-Kritikern haut Beck neben dem bulligen Radiorabauken Rush Limbaugh am lautesten auf die Pauke.

Während Palin mit ihrem Buch durch Smalltown-Amerika tingelt, hielt Beck in The Villages, einem Ferienort in Florida, eine politische Kundgebung ab, in der er gegen die Regierung zu Felde zog. Schon im Frühjahr hatte er mitgeholfen, die „Tea-Party“-Bewegung ins Leben zu rufen, die in Protestaktionen die vermeintliche Steuerverschwendung in Washington anprangerte. Im Sommer schließlich focht er den Widerstand der konservativen Basis gegen die Gesundheitsreform an, der sich in Dutzenden Bürgerversammlungen manifestierte. Als er dann den Präsidenten als „Rassisten“ attackierte, hat er jedoch den Bogen überspannt. „Time“ porträtierte ihn in einer Titelstory als „Mad Man“.


Obamas „Heulsusen“. In der Folge erklärte das Weiße Haus Fox News den Krieg und umging den Sender konsequent. Dabei hatte sich Barack Obama vor der Präsidentschaftswahl 2008 im New Yorker Nobelhotel Waldorf Astoria mit Murdoch getroffen, um – wie einst Tony Blair – Stimmung für sich zu machen. Vergebens. Der Fernsehsender fungiere als Kommunikationsabteilung der Republikanischen Partei, kritisierten die Obama-Leute – was ihnen von Fox News prompt den Konter eintrug, sie seien „Heulsusen“. Selbst die Konkurrenz wunderte sich über die Larmoyanz im Weißen Haus. Der TV-Kanal trug die Kritik indessen wie einen Orden, empfindet er sich doch als einzige Gegenstimme im Meer der liberalen, Obama-hörigen Mainstreammedien.

Um Beschwerden entgegenzunehmen, ließ Beck im Studio einen roten Telefonapparat installieren. Der 45-jährige Ex-Alkoholiker, der zu den Mormonen konvertiert ist, versteht sich eher als Agitator denn als Moderator, als Sprachrohr einer ohnmächtigen Masse und Entertainer. „Ich bin ein Rodeo-Clown.“ In jungen Jahren war ihm der geniale Radiomanipulator Orson Welles ein Vorbild, jetzt ist es Howard Beale, der zornige TV-Prediger aus „Network“, einer Filmsatire über das zynische Nachrichtenbusiness.

Auf einer Schultafel rechnet der Untergangsprophet der Nation grimassierend die Schuldenmisere vor. „Ich habe Angst. Ihr solltet auch Angst haben“, stachelt Beck seine Zuschauer auf. „Irgendetwas fühlt sich hier nicht richtig an.“ Seine mitunter hysterischen Auftritte haben das Multitalent – er geht auch als kabarettistische One-Man-Show auf Tournee – zum Lieblingsobjekt von Satirikern à la Jon Stewart gemacht. Stephen King ernannte ihn zum „geistig behinderten jüngeren Bruder Satans“. MSNBC, der liberale Gegenpart von Fox News, proklamierte ihn zum idealen Vizepräsidentschaftskandidaten Sarah Palins – und das war keineswegs nur als Witz gedacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2009)

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