Kandidatenliste: Der Zweite Präsident auf dem Schleudersitz

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In seiner Heimat Vorarlberg muss Karlheinz Kopf darauf hoffen, dass die ÖVP zulegt, sonst fliegt er aus dem Nationalrat. Vorzugsstimmen und der Aufschwung durch Kurz sollen das verhindern.

Bregenz/Wien. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka wurde schon abgehalftert. Die neue ÖVP-Führung um Parteiobmann Sebastian Kurz setzt auf den Lopatka-Stellvertreter, den Oberösterreicher August Wöginger, der Sozialsprecher und Bundesobmann des ÖVP-Angestelltenbundes (ÖAAB) ist.

Möglicherweise wird der derzeit höchste Vertreter der ÖVP im Hohen Haus, der Zweite Nationalratspräsident, Karlheinz Kopf, dem Nationalrat nach der Wahl am 15. Oktober gar nicht mehr angehören. Jedenfalls ist das keine ausgemachte Sache. Denn der schwarze Spitzenmann findet sich nicht auf der ÖVP-Landesliste in seinem Heimatbundesland Vorarlberg wieder, sondern lediglich in seinem Wahlkreis Vorarlberg Süd. Dort hat die ÖVP bei der Wahl 2013 aber ein Direktmandat verpasst. Kopf sitzt damit auf einem Schleudersitz und setzt auf einen Vorzugsstimmenwahlkampf.

Nach der Entscheidung im Vorarlberger ÖVP-Landesparteivorstand am Montagabend wurden die Chancen für den Wiedereinzug von Kopf ins Parlament hingegen in Bregenz wie auch in seinem Büro in Wien als völlig intakt und gesichert angesehen. In Wien wurde darauf hingewiesen, der amtierende Zweite Nationalratspräsident habe freiwillig auf ein Mandat auf der Vorarlberger ÖVP-Landesliste verzichtet: „Das war von Anfang an klar.“ Und: „Das ist kein Schleudersitz. Er ist fix drinnen“, außer die ÖVP käme mit Spitzenkandidat Kurz nicht auf einen Zuwachs auf zumindest 26, 27 Prozent.

„Dann ist meine Karriere beendet“

Im Wahlkreis Süd fehlten der Volkspartei bei der Nationalratswahl 2013 rund vier Prozent auf ein Mandat. Dieses will der Zweite Nationalratspräsident am 15. Oktober für die ÖVP zurückerobern. Er habe bewusst und im Einvernehmen mit Vorarlbergs ÖVP-Obmann Markus Wallner auf den gewohnten Absicherungsplatz auf der Landesliste verzichtet, um damit einem jungen und neuen Gesicht in der Partei eine Chance zu geben. Die Neuorientierung der Volkspartei trage er „aus tiefster Überzeugung“ mit, und „zur Erneuerung gehört auch dazu, glaubwürdige Signale zu setzen“, argumentierte Kopf, der 2013 über die Landesliste ins Parlament eingezogen war. Auf die Frage, was passiere, sollte er das Grundmandat in seinem Wahlkreis nicht erreichen, antwortete Kopf knapp: „Dann ist meine Karriere im Nationalrat beendet.“

Ein anderes Sicherheitsnetz gibt es nicht. Denn auf der Bundesliste hat ÖVP-Obmann Sebastian Kurz nur Quereinsteiger vorgesehen. Kopf, der vor wenigen Wochen 60 wurde, ist seit 1994, also fast seit einem Vierteljahrhundert, im Hohen Haus. Er wäre nach der Wahl der dienstälteste ÖVP-Parlamentarier. Differenzen mit Bundesparteiobmann Kurz gebe es nicht. „Sie haben ein hervorragendes persönliches Verhältnis, sie verstehen sich blendend“, wird versichert.

Jungunternehmerin auf Platz eins

Zur Spitzenkandidatin auf der Vorarlberger Landesliste wurde eine Newcomerin, die ehemalige Lehrerin und jetzige Jungunternehmerin Martina Ess, gewählt. An zweiter Stelle rangiert Raphael Wichtl (24). Dessen Qualifikation: Der Fussacher ist Jusstudent in Innsbruck und Landesobmann der JVP – aus der auch Kurz kommt. (ett/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2017)

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