USA und Südkorea starten trotz Drohungen aus Pjöngjang Militärmanöver

Bild der Übung "Ulchi Freedom Guardian" aus dem Vorjahr.
Bild der Übung "Ulchi Freedom Guardian" aus dem Vorjahr. Reuters
  • Drucken

Das gemeinsame Manöver amerikanischer und südkoreanischer Soldaten findet inmitten erhöhter Spannungen mit Nordkorea statt. Pjöngjang spricht von einem "Ausdruck der Feindseligkeit".

Nach ihrem Krieg der Worte und gegenseitigen Drohungen hatten US-Präsident Donald Trump und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un zuletzt verbal abgerüstet. Doch wie lange die Menschen in der Region durchatmen können, ist offen. Klarheit könnten schon die nächsten Tage bringen.

Denn die Streitkräfte der USA und Südkoreas haben am Montag ihr alljährliches Manöver Ulchi Freedom Guardian (UFG/Ulchi-Freiheitswächter), in deren Zentrum computergestützte Simulationen eines Krieges auf der koreanischen Halbinsel stehen, begonnen. Es soll bis Ende des Monats andauern. In beiden Ländern besteht die Sorge, der Dauerkonflikt um das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm könnte sich durch das Manöver wieder verschärfen und Kim womöglich dazu veranlassen, den Befehl zu weiteren Raketentests zu geben. Diese könnten wiederum eine heftige Reaktion aufseiten der Amerikaner auslösen.

Insbesondere in den USA ist man besorgt, ihre Pazifikinsel Guam, auf der Washington einen strategisch wichtigen Militärstützpunkt unterhält, könnte die Bedrohung durch Nordkoreas Raketen zu spüren bekommen. Die kommunistische Regierung in Pjöngjang unterstellt den USA regelmäßig, durch ihre Manöver mit Südkorea einen Angriff vorzubereiten. "Das hat die Befürchtungen erhöht, das diesjährige UFG-Manöver könnte eine neue Krise auslösen, da Nordkoreas Führer Kim Jong-un die Drohung aufrechterhalten hat, Raketen in die Gewässer nahe Guam zu feuern", schreibt die Militärzeitung "Stars and Stripes".

China kritisiert Manöver

Die USA und Südkorea betonen routinemäßig, das UFG-Manöver habe wie auch die größeren gemeinsamen Frühjahrsübungen defensiven Charakter. Das versicherte der südkoreanische Präsident Moon Jae-in am Montag. Er appellierte an seinen Nachbarn, die Übung nicht "als Ausrede für Provokationen zu nutzen, die die Situation verschlimmern würden". Bei einer Kabinettssitzung sagte Moon, die wiederholten Provokationen Nordkoreas zwängen Südkorea und die USA dazu, die gemeinsamen Militärübungen abzuhalten. Das würde im Gegenzug den "Teufelskreis am Laufen halten".

Pjöngjang warf den USA vor, auf der koreanischen Halbinsel "Öl ins Feuer zu gießen". Niemand könne garantieren, dass sich das Manöver nicht zu "tatsächlichen Kämpfen" ausweite, hieß es in der Staatszeitung "Rodong Sinmun". US-Verteidigungsminister James Mattis sagte am Sonntag, Ziel der Übung sei es, die Fähigkeit und Bereitschaft der USA sicherzustellen, "Südkorea und unsere Verbündeten zu verteidigen".

"Wir denken nicht, dass die gemeinsamen Übungen die gegenwärtigen Spannungen abbauen", sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Hua Chunying, am Montag in Peking. Die Lage auf der koreanischen Halbinsel sei "sehr heikel und anfällig".

Zugeständnis? Weniger Soldaten als im Vorjahr

Doch das Pentagon könnte Pjöngjang bereits Zugeständnisse gemacht haben: Das US-Verteidigungsministerium kündigte an, an UFG würden diesmal neben bis zu 50.000 südkoreanischen Soldaten 17.500 amerikanische Soldaten teilnehmen - einige tausend weniger als im vergangenen Jahr. Das hatte bereits in Südkorea Spekulationen ausgelöst, die USA und Nordkorea könnten geheim verhandelt haben. Trump hatte Kim zuletzt gelobt: "Er hat eine sehr weise und gut durchdachte Entscheidung getroffen", twitterte der US-Präsident am Mittwoch.

Kim hatte zwar zuvor Pläne, vier Raketen mit längerer Reichweite in Richtung Guam abfeuern zu lassen, erst einmal ausgesetzt - doch die Drohung bleibt im Raum. Er wolle zunächst Washingtons Verhalten "ein bisschen mehr" beobachten und dann eine wichtige Entscheidung treffen, wurde Kim von den Staatsmedien zitiert. Die Worte wurden in Südkorea sofort auf das UFG-Manöver bezogen. Schon die ersten Kommentare der nordkoreanischen Medien zum Manöver lassen nichts Gutes ahnen: Das Manöver werde "die Lage auf der koreanischen Halbinsel in eine Katastrophe führen", hieß es am Donnerstag.

Dass Nordkorea seine Rhetorik verschärft, während auf der anderen Seite der Grenze Manöver stattfinden, ist nicht ungewöhnlich. Die Spannungen hatten sich allerdings zuletzt durch die beiden Tests mit Interkontinentalraketen (ICBM) durch Nordkorea im Juli hochgeschaukelt. Trump hatte dem diplomatisch isolierten Land mit "Feuer und Wut" gedroht.

Nordkorea könnte weitere Grenzen austesten

Washington befürchtet, dass Nordkorea bei seiner Raketentechnik bereits weiter fortgeschritten ist als bisher angenommen und eines Tages einen Atomsprengkopf bis auf US-Kerngebiet transportieren könnte. US-Generalstabschef Joseph Dunford machte auch darum am Donnerstag bei einem Besuch in China klar, Washington werde die gemeinsamen Manöver mit Südkorea nicht "zurückdrehen".

In Südkorea wird jetzt befürchtet, dass Nordkorea versuchen könnte, nach seinen bisher fünf Atomversuchen und jüngsten Raketentests weitere Grenzen - trotz harter UNO-Sanktionen - auszutesten. Im vergangenen Jahr hatte Nordkorea zum Zeitpunkt des UFG-Manövers im benachbarten Südkorea eine Rakete aus einem U-Boot abgefeuert, nachdem es zuvor mit einem atomaren Erstschlag gedroht hatte. Wenige Tage nach dem Ende von UFG unternahm es einen Atomtest.

Heuer kamen zwei Interkontinentalraketentests dazu. Nach dem ersten Abschuss am 4. Juli warnte der Korea-Spezialist Jonathan Pollack von der Denkfabrik Brookings Institution: Bei künftigen Tests werde versucht, die Reichweite der Raketen zu erhöhen und ihre Sprengkopftechnik zu verbessern, und sie würden "wahrscheinlich Pjöngjang in die Lage versetzen, das Festland der USA oder wesentliche Teile von ihr in Gefahr zu bringen".

(APA/dpa/ Dirk Godder)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Nordkorea will mehr Raketen bauen

Machthaber Kim ordnet zwar an, mehr Bauteile für Interkontinentalraketen herzustellen. Er fährt aber mit den Verbalattacken gegen Washington zurück.
Admiral Harry Harris
Außenpolitik

Pjöngjang droht mit Vergeltung

USA und Südkorea simulieren Angriffsszenarien. Auch Japan rüstet auf. US-Diplomaten halten sich Gesprächskanäle offen.
Außenpolitik

Letzter nach Nordkorea übergelaufener US-Soldat gestorben

James Joseph Dresnok wechselte im Koreakrieg die Seiten. Er habe "nur Liebe und Fürsorge" erfahren, sagen seine in Nordkorea lebenden Söhne.
FILE PHOTO - North Korean leader Kim Jong Un inspects the long-range strategic ballistic rocket Hwasong-12 (Mars-12)
Außenpolitik

Wie schlau sind Kim Jong-uns Raketenbastler?

Kiew weist Berichte zurück, Nordkoreas Raketentriebwerke stammten aus einer Fabrik in der Ostukraine. Pjöngjang habe die Motoren selbst entwickelt, so der US-Geheimdienst – doch nicht ohne ausländische Hilfe.
Außenpolitik

Südkoreas Präsident: Pjöngjang nähert sich "roter Linie"

Sollte Nordkorea Interkontinentalraketen mit Atomsprengköpfen besetzen, ginge das zu weit, meint Moon. Es gebe "keine militärische Lösung", meint Trumps Chefstratege Bannon.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.