Machtkampf gegen die zwei Neuen

Der schwere Start des neuen EU-Führungsduos.

Brüssel. „Diese heikle Frage werden wir unter uns bei einem informellen Ratstreffen klären“, kündigte der umtriebige spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos in der Runde der EU-Außenminister an. Der Vertreter der nächsten EU-Präsidentschaft stockte plötzlich, blickte erschrocken auf Catherine Ashton und fügte unbeholfen hinzu: „Also..., wenn Dir das so recht ist?“

Noch haben sich die EU-Regierungen nicht an das neue EU-Führungsduo gewöhnt. Und es scheint, als wollten sie Herman van Rompuy als Ratspräsident und Catherine Ashton als EU-Außenministerin auch nur als Randerscheinungen akzeptieren.

Mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags wurden zwar die beiden Politiker inthronisiert. Schnittstellen und konkrete Aufgaben blieben aber vorerst ungeklärt. Die EU-Regierungen, die einst den Beschluss über die beiden Ämter gefällt hatten, fürchten nun plötzlich um ihren eigenen Einfluss.

Spanien ist ab Jänner das erste Vorsitzland der Union, das seine Aufgaben mit dem neuen Führungsduo teilen muss. Und Madrid lässt keinen Zweifel daran, dass es eine Kompetenzbeschneidung nicht hinnehmen werde. Weil nicht exakt festgelegt ist, was der neue Ratspräsident und die neue Außenministerin überhaupt tun dürfen, versucht Spanien mit Hilfe anderer größerer Länder, den beiden schon vorab das Wasser abzugraben. Van Rompuy, der sich dieser Probleme durchaus bewusst ist, suchte am gestrigen Abend in Brüssel das Gespräch mit den EU-Staats- und -Regierungschefs. Bei einem gemeinsamen Abendessen wollte er die Details seines neuen Jobs klären.

Neue Gipfelführung

Klar ist einstweilen nur, dass van Rompuy ab Jänner alle EU-Gipfel leiten wird. Doch darf er auch die inhaltliche Gestaltung übernehmen? Bei Gipfeltreffen verfasste bisher die Präsidentschaft die „Schlussfolgerungen“. Künftig sollte eigentlich van Rompuy diesen wichtigen Text, in dem Grundsatzentscheidungen der EU festgelegt werden, verfassen. Das wäre logisch, denn der neue Ratspräsident wird bereits im Vorfeld der Gipfeltreffen die Positionen mit den Mitgliedstaaten abklären. Weil er nebenbei keine nationale Regierung leiten muss, wird er dafür auch genügend Zeit haben. Einigen größeren EU-Ländern ist eine solche inhaltliche Koordination aber gar nicht angenehm. Sie wollen – wenn sie die Präsidentschaft innehaben – weiterhin Teile der Schlussfolgerungen vorgeben.

So wie es nun der Belgier van Rompuy erlebt, der einstweilen nur Zaungast des EU-Gipfels ist, geht es bereits seit 1.Dezember der Britin Catherine Ashton. Der neuen EU-Außenministerin wurden bereits mehrfach Kompetenzen streitig gemacht. Plötzlich wurde der Wunsch geäußert, dass sie nur noch die EU-Außenministertreffen in Brüssel und Luxemburg leiten solle, nicht aber jene in den Vorsitzländern. Auf den diplomatischen Dienst, der ihr künftig beiseite gestellt werden soll, wollen die Mitgliedstaaten ebenfalls möglichst viel Einfluss bekommen. Um dies zu erreichen, haben sie nicht zugelassen, dass der Dienst in der unabhängigen EU-Kommission verankert wird. Er soll, darüber gibt es mittlerweile unter den Mitgliedstaaten eine Einigung, als völlig neue Institution agieren – natürlich im Blickfeld der Mitgliedstaaten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2009)

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