Befreiende Selbstanzeige: Zurück zur Steuerehrlichkeit

Seit Österreich das Bankgeheimnis gelockert hat, will so mancher sein „diskretes“ Vermögen legalisieren. Was auch funktionieren kann.

Der Nationalrat hat am 1. September 2009 ein neues Amtshilfe-Durchführungsgesetz (ADG) verabschiedet. Das Gesetz zielt darauf ab, dass vom Bankgeheimnis geschützte Informationen unter bestimmten Voraussetzungen preisgegeben werden. Damit werden die OECD-Grundsätze für den bilateralen Informationsaustausch in Steuerfragen umgesetzt, ohne das Bankwesengesetz – sprich das Bankgeheimnis – auf nationaler Ebene ändern zu müssen.

In Steuersachen besteht damit in Österreich aktuell ein „Zweiklassenbankgeheimnis“. Unterschieden wird zwischen Kontoinhabern mit und ohne inländischen Wohnsitz. Deutsche Bankkunden ohne steuerlichen Wohnsitz in Österreich sehen sich einer höheren Aufdeckung ihrer bei österreichischen Banken veranlagten Vermögenswerte ausgesetzt. Knackpunkt der OECD-Standards ist nämlich, dass Bankinformationen nicht nur bei Verdacht auf Steuerhinterziehung oder nach Einleitung eines Finanzstrafverfahrens zu übermitteln sind. Es reicht künftig aus, dass die Kontoinformationen für Besteuerungszwecke relevant sind, was praktisch immer der Fall ist.

„Diskrete“ Vermögenswerte legalisieren

Nationale Bankgeheimnisse dürfen einem Auskunftsaustausch nicht entgegenstehen. Mit Übernahme der OECD-Standards in das ADG verpflichtete sich Österreich, in Steuersachen Auskünfte zu erteilen, die zur Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens oder des innerstaatlichen Rechts eines Vertragsstaates über die unter das Abkommen fallenden Steuern erforderlich sind. Dementsprechend ist im ADG die Beschaffung von Bankauskünften geregelt. Im Anwendungsbereich der Amtshilfe ist die nationale Bestimmung über das Bankgeheimnis quasi „außer Kraft gesetzt“.

Mit zunehmender Intensität suchen Bankkunden aus dem Nachbarland, die in Österreich undeklariertes Vermögen besitzen, jetzt Wege zurück in die Steuerehrlichkeit. Deutsche Steuerexperten werden immer öfter gefragt, ob, wie und unter welchen Voraussetzungen solche Vermögenswerte und Erträge legalisiert werden können.

Im besten Fall winkt Straffreiheit

Möglich ist das durch Erstattung einer Selbstanzeige. Eine solche führt unter bestimmten Voraussetzungen zur Straffreiheit. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass der Anleger die hinterzogenen Steuern – plus sechs Prozent Zinsen auf diesen Betrag – fristgerecht nachzahlt beziehungsweise über flüssige Mittel für die Nachzahlung verfügt.

Die Selbstanzeige führt aber nicht in allen Fällen zur Straffreiheit. Vor allem darf der Anleger nicht schon vorher ins Visier der Steuerbehörde geraten sein. Ist bei ihm bereits ein Finanzbeamter zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen, wirkt eine Selbstanzeige nicht mehr strafbefreiend. Dasselbe gilt, wenn dem Kontoinhaber schon vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben wurde oder die Tat bereits als entdeckt gilt (siehe Artikel unten).

Neben Österreich haben auch die meisten anderen „Anlageländer“ die OECD-Standards über die Auskunftspflichten in steuerlichen Angelegenheiten umgesetzt. Betroffen sind also nicht nur die österreichischen Konten oder Depots deutscher Anleger. Experten raten jenen, die hier undeklarierte Vermögenswerte „geparkt“ haben, die neuen Entwicklungen zum Anlass für eine Neuausrichtung ihrer Geldanlagen zu nehmen. Der Weg zurück in die Steuerehrlichkeit „kostet“ im besten Fall nicht mehr als rund 20 Prozent des diskreten Vermögens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2009)

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