US-Präsident Trump versucht sich als Dealmaker

Donald Trump feixt über eine neue Strategie, die die Republikaner umgeht und die Demokraten ködern soll. „Die Mauer wird später kommen“, verspricht er seiner Basis.
Donald Trump feixt über eine neue Strategie, die die Republikaner umgeht und die Demokraten ködern soll. „Die Mauer wird später kommen“, verspricht er seiner Basis. (c) REUTERS
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US-Präsident Donald Trump lockt die Opposition mit Kompromissen und bringt die republikanische Elite wie auch die Basis gegen sich auf.

Wien/Washington. Was denn nun? Haben die Demokraten einen Deal mit dem Präsidenten ausgehandelt, der den Kindern illegaler Immigranten, den sogenannten Dreamers, weiterhin das Aufenthaltsrecht in den USA garantieren soll? Hat die Opposition Donald Trump im Gegenzug die Verstärkung des Grenzschutzes durch Drohnen und neue Technologie zugestanden, falls er auf den Ausbau der Mauer an der Grenze zu Mexiko vorerst verzichten sollte? Oder haben die Berater den Präsidenten auf massiven republikanischen Druck hin zurückgepfiffen?

Am Morgen nach dem Abendessen im Weißen Haus mit Chuck Schumer und Nancy Pelosi, den Fraktionsführern der Demokraten im Kongress, herrschte Konfusion in Washington. Sie zeugt davon, dass sich die politischen Fronten verwischen. Vor der Abreise nach Florida dementierte Trump zuerst die angebliche Vereinbarung. Es spießte sich offenkundig in der Frage des Mauerbaus, einem zentralen Wahlversprechen, auf dessen Erfüllung die Trump-Anhänger pochen.

Auch Stabschef John Kelly – der frühere Heimatschutzminister – wies bei dem Dinner, bei dem chinesisches Fast Food aufgetischt wurde, auf die Bedeutung des Grenzwalls hin. Der Präsident wolle den Mauerbau zu einem späteren Zeitpunkt angehen, lautete die Lesart des Demokraten-Duos. „Die Mauer wird später kommen“, stellte Trump schließlich klar. Zudem sei eine Einigung über den Schutz der Dreamers nahe, bestätigte er.

Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders war vollauf damit beschäftigt, Klarheit in die verwickelte Angelegenheit zu bringen. Bei seiner Stippvisite im Sunshine State, als er die Verwüstungen durch den Wirbelsturm Irma in Fort Myers und Naples an der Golfküste in Begleitung des Vizepräsidenten, Mike Pence, in Augenschein nahm, hatte Donald Trump jedenfalls erhöhten Erklärungsbedarf.

Entfremdung von der Partei

Bei den Republikanern laufen nun manche auf dem rechten Flügel Sturm gegen einen Präsidenten, der ihnen von vornherein suspekt war, den sie als ideologischen Wackelpudding und als verkappten Liberalen ansehen. Steve King, ein erzkonservativer Abgeordneter aus Iowa, orakelte, Trumps Basis würde „gesprengt, zerstört und irreparabel desillusioniert“. Auch die ultrarechte Online-Plattform Breitbart News des ehemaligen Trump-Masterminds Stephen Bannon war irritiert von der jüngsten Volte.

Paul Ryan und Mitch McConnell, Spitzenduo der Republikaner, waren nicht zum Dinner im Weißen Haus eingeladen – jüngstes Indiz für die Entfremdung zwischen Trump und seiner Partei. Der Präsident äußerte seinen Frust über die eigene Fraktion, die trotz ihrer Mehrheit im Kongress bisher kein einziges Gesetz von Symbolkraft verabschiedet hat. Beim Versuch der Abschaffung der Gesundheitsreform Barack Obamas waren die Republikaner an ihren inneren Widersprüchen grandios gescheitert.

Die Einigung zwischen Trump und den Demokraten über die Anhebung der Schuldengrenze quittierte die Grand Old Party zuletzt mit Missmut. Der Präsident, der sich stets als großer Dealmaker anpreist, zielt auf einen Strategiewechsel, um seine Vorhaben zu forcieren. Er umgeht die Republikaner und sucht den Kompromiss mit den Demokraten – demnächst womöglich auch bei der Steuerreform. Trump verspricht Steuersenkungen für die Mittelschicht und die Unternehmer, explizit jedoch nicht für die sehr wohlhabenden Amerikaner wie ihn selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2017)

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