Wohin tendiert die US-Geldpolitik? Fünf offene Fragen

Ob Janet Yellen auch nach Jänner 2018 noch die wichtigste Notenbank der Welt leiten wird, steht in den Sternen
Ob Janet Yellen auch nach Jänner 2018 noch die wichtigste Notenbank der Welt leiten wird, steht in den Sternen AFP (SAUL LOEB)
  • Drucken

Die Geldpolitik in der größten Volkswirtschaft der Welt wird auf dem ganzen Erdball mit Spannung verfolgt. Ein kleiner Ruck in Washington kann die Taschen von Millionen füllen - oder leeren. Diesmal geht es eher um langfristige Tendenzen.

Wieder hat US-Notenbankchefin Janet Yellen den Offenmarktausschuss ihrer Federal Reserve zusammengerufen. Es geht heute Mittwoch in Washington um die Geldpolitik der Vereinigten Staaten - und die Finanzwelt spitzt die Ohren. Dabei geht es diesmal nicht so sehr darum, ob die US-Notenbanker die Zinsschraube weiter anziehen - das gilt bei Investoren im In- und Ausland als nahezu ausgeschlossen. Vielmehr interessieren andere Fragen:

Wird die Federal Reserve ihren Kurs moderater Zinserhöhungen wie geplant weiterverfolgen?

Die Fed strebt bisher an, im nächsten Jahr auf ein Zinsniveau von rund drei Prozent zu kommen. Derzeit liegt der Leitzins für kurzfristige Anleihen in einer Spanne von 1,00 bis 1,25 Prozent. Einige Experten bezweifeln, dass die Fed ihr Tempo beibehalten kann. Erste Anzeichen einer Konjunkturabkühlung in den USA sind nicht zu übersehen - auch wenn Präsident Donald Trump von der besten Wirtschafts-Performance seit langem schwärmt. Die Geldpolitik-Experten schauen auf den sogenannten Dot-Plot - in einer Punkteskala werden die Prognosen der Ausschuss-Mitglieder festgehalten, wo diese wann den Leitzins sehen.

Was könnte die US-Wirtschaft belasten?

Die Politik von Donald Trump gilt noch immer als Unsicherheitsfaktor. Sollte es nicht wie in Aussicht gestellt zu einer Steuerreform kommen, könnten die Feuerwerke an den Börsen der vergangenen Monate schnell als Vorschusslorbeeren der Börsianer enttarnt werden. Ein Börseneinbruch würde auch die privaten Haushalte schwer belasten. Viele Amerikaner haben ihr Geld in Aktien angelegt. Ferner sind die politische Krise in Nordkorea und die Katastrophenschäden durch die Hurrikans "Harvey" in Texas und "Irma" in Florida noch nicht ausgestanden. Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe werden erwartet, zu schultern vor allem vom Steuerzahler. Und die Hurrikansaison ist längst nicht vorbei. Dies drückt auf die Kernindikatoren Arbeitsmarkt und Inflation.

Wird die Notenbank ihre Anleihenkäufe rückgängig machen?

Das gilt als sicher, die Frage ist wann. Hierauf erwarten sich die Märkte von Fed-Chefin Yellen zumindest einen deutlichen Hinweis. Bisher wird mehrheitlich auf Oktober getippt. Die Fed kaufte Anleihen auf, um in Zeiten der Nullzins-Politik zusätzliches Geld in die Märkte zu schießen und die wegen der Finanzkrise lahmende Wirtschaft zu stimulieren - für die unverstellbare Summe von fast 4,5 Billionen Dollar (3,76 Billionen Euro). Dies muss allmählich wieder korrigiert werden - was Yellen bereits angekündigt hat, ohne jedoch konkrete Termine zu nennen. Profitieren würde der Bankensektor. Die Finanzwerte an den US-Börsen notierten bereits am Dienstag in freudiger Erwartung höher.

Wird Janet Yellen auch nach Jänner 2018 noch die wichtigste Notenbank der Welt leiten?

Das steht in den Sternen. Yellen ist eigentlich eine Frau, die den oppositionellen Demokraten näher steht. Trump soll vorgehabt haben, die 71-Jährige auf jeden Fall zu ersetzen. Inzwischen wird aber kolportiert, der Präsident habe seine Meinung über Yellen geändert. Als Alternative wurde der Chef von Trumps Nationalem Wirtschaftsrat, Gary Cohn genannt - der ist zwar ein ausgewiesener Investmentbanker, aber kein Volkswirt. Yellens Amtszeit geht Ende Jänner 2018 zu Ende - bis dahin muss Trump eine Entscheidung treffen. Erschwerend kommt für den Präsidenten hinzu, dass mit Yellen-Vize Stanley Fischer ein weiterer renommierter Notenbanker seinen Hut nimmt - aus persönlichen Gründen wie er sagt.

Warum ist die Notenbankentscheidung in den USA auch für Europa wichtig?

Die Geldpolitik der USA entscheidet maßgeblich über Stärke und Schwäche des US-Dollar - der wichtigsten Leitwährung der Welt. Ein starker Dollar macht etwa europäische Exportwaren für Käufer aus den USA billig - das ist gut für den Exportweltmeister Deutschland, aber schlecht für USA-Urlauber. Derzeit hat aber eher der Euro einen Höhenflug. Er kostet derzeit rund 1,20 Dollar.

>>Schweiz hält Negativzinsen trotz schwachem Franken

>>Bank von England peilt trotz Brexit-Sorgen höhere Zinsen an

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Geld & Finanzen

EZB-Politik: Langsam vom Gaspedal

OeNB-Chef Ewald Nowotny rät zu Besonnenheit.
FILE PHOTO: U.S. Federal Reserve Chair Yellen speaks with European Central Bank President Draghi at the Jackson Hole Economic Policy Symposium in Jackson Hole
Österreich

In Europa bleibt Geld weiterhin billig

Nach fast zehn Jahren läutet die US-Notenbank Fed den Ausstieg aus dem Krisenmodus ein. Die EZB dürfte 2018 die Anleihenkäufe senken, die Zinswende ist aber noch in weiter Ferne.
Notenbanker Janet Yellen, Mario Draghi
Österreich

Draghi und Yellen suchen Antworten auf Inflation 2.0

Durch die Globalisierung kommen immer mehr Billigprodukte aus Schwellen- und Entwicklungsländern auf den Weltmarkt und dämpfen die Teuerung. Jagen die Währungshüter bei ihrem Versuch, die Inflation in die Höhe zu treiben, also einem Phantom hinterher?
Fed-Chefin Janet Yellen läutet einen Kurswechsel ein.
Geld & Finanzen

US-Notenbank Fed baut Bilanz ab und peilt Zinserhöhung an

Der Fed-Bestand an Anleihensoll ab Oktober nach und nach abgebaut werden, die Bilanzsumme monatlich um Milliardenbeträge schrumpfen. Der Leitzins dürfte im Dezember angehoben werden.
Gastkommentar

Wirtschaftstheorien haben ihre Relevanz verloren

Jackson Hole und Alpbach 2017 zeigten: Gängige Lehrbuchrezepte gegen Wirtschaftskrisen sind vielfach wirkungslos.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.