Nachruf. Der Amerikaner war ein Pionier des Magazinjournalismus. Und: Hugh Hefner lebte, was er propagierte.
Sex und Reichtum sind das Wichtigste in Amerika. Davon lebt der ,Playboy‘“, erklärte Hugh Hefner einmal im Interview. Während die sexuelle Revolution das prüde Publikum in alle Richtungen jagte, blieb Hefner, selbst ein fescher Mann, in gewisser Weise recht traditionell. Und er lebte sein eigenes Erfolgskonzept vor. Heute mag der „Playboy“ altmodisch wirken, 1953, bei der ersten Ausgabe, prägte das Magazin für den Lebemann einen Lifestyle: Beautys, Bunnys, Kulinarisches, Reisen, Literatur.
Gedacht war die Zeitung für Männer unter 35, die noch nicht verheiratet sind, denn heiraten sollte man eine anständige Frau. Insofern stand der „Playboy“ auf heitere Weise mit einem Bein im 19. Jahrhundert. Die erste Ausgabe zierte keine Geringere als Marilyn Monroe. Fortan verlockte der „Playboy“ Stars, die man sonst nur angezogen kannte, die Hüllen fallen zu lassen, natürlich für möglichst namhafte Fotografen.
Das hielt die Zeitschrift im Gespräch. In dieser Hinsicht steht der „Playboy“ in einer langen kunstgeschichtlichen Tradition von Göttinnen, Nymphen und leicht geschürzten Biedermeier-Ladys. Außerdem offerierte er Trost für den Herrn des Hauses und, falls vorhanden, die anständigen Ehefrauen: Der Mann konnte sich aufgeilen, wurde er erwischt, konnte er behaupten, er habe ja nur Truman Capote lesen wollen.
Der „Playboy“ stand für den Hedonismus der Nachkriegszeit, diese exemplarische Männerfantasie verbreitete sich über alle Kontinente. Hefner stammte aus Chicago und war bei der Army, was seinen aufs Virile und den Macho zielenden Stil als Zeitungsmacher vermutlich beeinflusste. Er hatte Psychologie studiert und kam von der Werbung. Er überstand viele Skandale.
Er bleibt ein Pionier des „Sex sells“-Prinzips, das sich heute wahrscheinlich in einer Weise ausgeweitet hat, die nicht einmal dieser Neuerer des Magazin-Journalismus erwartet hätte. Die von der Emanzipation geächteten Hasenohren für die Bunnys, die Frauen herabwürdigten, ihre Funktion als Spielzeug betonten nach dem Motto: Sich vergnügen wie die Karnickel wurden Markenzeichen und Grundlage für Merchandising. Zwischendurch ging das Imperium, das sich mit Clubs und Ferienanlagen ständig erweitert hatte, fast pleite, „Penthouse“ oder „Hustler“ waren dem Zeitgeist näher.
Anfänge beim noblen „Esquire“
Heute führt Hefners Tochter Christie die Playboy Enterprises. Hefners Familie stammte aus Schweden. Er wurde streng und protestantisch erzogen. Hefner arbeitete beim „Esquire“, einem noblen Herrenmagazin. Als er eine Erhöhung seiner Gage um fünf Dollar forderte, wurde dies abgelehnt, daraufhin gründete er mit wenig Kapital den „Playboy“. Bis in späte Jahre umgab sich Hefner gern mit schönen Mädchen und feierte angeblich ausschweifende Feste. Auf seiner Playboy Mansion in Los Angeles, wo er nun mit 91 Jahren gestorben ist, missbrauchte angeblich TV-Star Bill Cosby eine Frau, der Prozess wird 2018 fortgesetzt. Das Anwesen ist verkauft, Hefner hatte aber ein Wohnrecht auf Lebenszeit dort.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2017)