Scheich Anwar al-Awlaki gilt als neuer Terrorpate.
KAIRO (gaw.). Beim Scheich laufen alle Fäden zusammen. Mit dem radikalen Prediger Anwar al-Awlaki soll nicht nur der nigerianische „Unterhosenbomber“ Umar Farouk Abdulmutallab vor seinem versuchten Anschlag auf ein US-Flugzeug in E-Mail-Kontakt gestanden haben. Auch der US-Major Nidal Hassan, der vor zwei Monaten auf dem US-Stützpunkt Fort Hood in Texas 13 Menschen erschossen hat, hatte im Internet mit al-Awlaki kommuniziert.
Der Lebenslauf des 38-jährigen al-Awlaki, der einen amerikanischen und jemenitischen Pass besitzt und im Jemen untergetaucht ist, entspricht kaum dem, was man sich unter dem eines militanten Predigers vorstellt. Im US-Bundesstaat New Mexico geboren, mit einem Vater, der einst im Jemen als Minister diente, verbrachte al-Awlaki seine Kindheit im Jemen, bevor er an der Universität Colorado Ingenieurswissenschaften studierte. Er galt als großer Unterstützer der Wahlkampagne von George W. Bush im Jahr 2000. Vier Jahre später verurteilte er im US-Sender National Public Radio die Anschläge vom 11. September.
Gestorben bei Luftangriff?
Über die Zeit seiner Radikalisierung ist wenig bekannt. Doch später tauchte sein Name beim FBI im Zusammenhang mit Personen auf, die an den Anschlägen des 11.September beteiligt gewesen sein sollen. Vor acht Jahren verließ der Prediger einer Moschee in San Diego die USA. Zunächst lebte al-Awlaki zwei Jahre in Großbritannien, bevor er sich in den Jemen absetzte. Dort war er 2006 verhaftet und trotz US-Einwände bald wieder freigelassen worden.
Danach tauchte er im Jemen unter. Laut einigen Berichten könnte er am 24. Dezember bei einem US-Luftangriff auf ein Haus im jemenitischen Schabwah umgekommen sein. Verwandte al-Awlakis streiten das aber ab: Er lebe und sei an einem sicheren Ort.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2010)