FPÖ-Besuch auf der Krim. Nach der Rückkehr von der von Russland annektierten Halbinsel verteidigen FPÖ-Politiker ihre umstrittene Reise. Ihr Aufenthalt wurde in Teilen von russischen Organisatoren bezahlt.
Moskau/Wien. Die Krim-Reise der FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein und Detlef Wimmer beschäftigt weiter Österreichs Innenpolitik. Jenewein und Wimmer nahmen zu Wochenbeginn an der Gründung einer Ggesellschaft namens „Freunde der Krim“ teil, die sich zur Aufgabe gemacht hat, international für die Anerkennung der – aus russischer Sicht stets als „Wiedervereinigung“ bezeichneten – Annexion zu werben. Für die internationale Gemeinschaft sind die Ereignisse ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Auch Wien folgte in seinem außenpolitischen Kurs bisher Brüssel.
Wenn es nach den beiden, mittlerweile nach Österreich zurückgekehrten Freiheitlichen geht, soll sich das ändern. „Ich will nicht von Annexion oder sonst irgendetwas sprechen. Die Situation zwischen Russland und der Ukraine ist festgefahren“, sagt der Nationalratsabgeordnete Jenewein zur „Presse“. Auch sein Reisegefährte, der Linzer Vizebürgermeister Detlef Wimmer, erklärt: „Die Krim ist derzeit faktisch ein Teil Russlands.“ Die Sanktionen gegen Russland – die zunächst wegen des Konflikts um die Krim verhängt und später wegen des Kriegs im Donbass ausgedehnt wurden – sollten aufgehoben werden. Sie seien „ökonomisch verkehrt“ (Jenewein) und auch für Österreichs Wirtschaft schädlich. Wimmer: „Es ist ja kein Geheimnis, dass wir für eine Aufhebung der Sanktionen eintreten und keine einseitige Anti-Russland-Politik wollen.“
ÖVP-Chef Sebastian Kurz zeigte sich gestern nicht besonders erfreut über die Visite der beiden Freiheitlichen. Denn das Thema hat Konfliktpotenzial. Während der laufenden Koalitionsverhandlungen drohen die Meinungsunterschiede bei EU-Sanktionen und der Annexion der Krim einen Graben zwischen den Parteien zu öffnen. Er sei „gänzlich anderer Meinung“ als die beiden FPÖ-Politiker, betonte Kurz bei einem Pressestatement nach der ÖVP-Klubsitzung. Die Koalitionsverhandlungen werde man dennoch „mit voller Kraft fortsetzen“. Der frühere Leiter der Diplomatischen Akademie in Wien und ehemalige ÖVP-Staatssekretär im Außenamt, Hans Winkler, zeigte sich jedoch deutlich kritischer: Die Reise der FPÖ-Politiker auf die Krim zeige, dass Kurz bei den Regierungsverhandlungen das Außenministerium nicht aufgeben dürfe.
Kickl: „Sturm im Wasserglas“
FPÖ-Politiker Wimmer sieht aber auch in der ÖVP „prominente Kritiker der Sanktionen“. Er beruft sich dabei etwa auf Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Zudem habe die ÖVP ihre Position weiterentwickelt: Wimmer verweist dabei auf den auch von Kurz in der Vergangenheit eingebrachten Vorschlag der schrittweisen Zurückstufung der Sanktionen.
Der Besuch der Krim liege auf der freiheitlichen Parteilinie, so Wimmer zur „Presse“. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl meinte am Mittwoch in einer Aussendung, dass es sich beim Besuch der beiden FPÖ-Politiker um keine offizielle Delegation im Auftrag der Partei gehandelt habe. Die Aufregung darüber nannte er „einen Sturm im Wasserglas“.
FPÖ-Vertreter haben in der Vergangenheit mehrfach Veranstaltungen auf der Halbinsel Krim besucht. Regierungsverhandler Johann Gudenus war 2014 bei dem von russischen Behörden eilends organisierten „Referendum“ als Beobachter anwesend. Wimmer zufolge wurde die Visite in Teilen von den lokalen Veranstaltern finanziert. „Der Stadt Linz sind keine zusätzliche Kosten entstanden“, sagt er. Der Linzer Vizebürgermeister steht für eine dezidiert Kreml-nahe Politik in der FPÖ. Er war es, der das Kooperationsabkommen der Freiheitlichen mit der Kreml-Partei Einiges Russland Ende 2016 einfädelte. Wimmer sprach sich vor knapp einem Jahr in einer Resolution mehrheitlich für die Abschaffung der EU-Sanktionen aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2017)