Die Philharmoniker haben das Programm ihres kommenden, beinah ausschließlich Musik der „Sträuße“ gewidmeten Konzerts zum Jahreswechsel veröffentlicht.
Alle Jahre wieder wartet die Welt, was die Wiener Philharmoniker in ihrem traditionellen Konzert am Neujahrsmorgen musizieren werden. Die Programmfolge für das Konzert unter der Leitung von Riccardo Muti zum Jahreswechsel 2017/18 steht nun fest. Es gilt mit zwei Ausnahmen ausschließlich Werken der Wiener Strauß-Dynastie. Auf den Einzugsmarsch aus dem „Zigeunerbaron“ folgt das einzige Stück von Joseph Strauß, das diesmal zu hören sein wird, der Walzer „Wiener Fresken“ op. 249, ein Schwesterstück des im selben Jahr entstandenen „Delirienwalzers“, das im Juni 1867 erstmals im Volksgarten erklang.
Von Bruder Johann folgen das populäre „Leichte Blut“ und die rare Polka française „Brautschau“ (op. 417), in der vom Komponisten Melodien aus dem „Zigeunerbaron“ verarbeitet wurden.
Der erste Teil des Neujahrskonzerts 2018 schließt mit Werken von Strauß Vater, dem 1847 für ein Fest im legendären „Paradeisgartel“ komponierten „Marienwalzer“ und dem „Wilhelm-Tell-Galopp“, den Johann Strauß nach Motiven der Grand opéra Gioachino Rossinis schrieb, lange bevor das Werk seinen Weg von Paris nach Wien fand.
Liebesgeschichten und Heiratssachen
Teil zwei hebt mit Franz von Suppés Ouvertüre zur Operette „Boccaccio“ an, gefolgt von Johanns Strauß Sohns „Myrthenblüten“-Walzer op. 395, komponiert anlässlich der Vermählungsfeierlichkeiten von Kronprinz Rudolf und uraufgeführt anlässlich des Galadiners in der Hofburg, 1881. Der Braut huldigte die folgende „Stephanie“-Gavotte aus der Feder des Militärkapellmeisters Alphons Czibulka.
Danach gehört das Neujahrskonzert Werken des Walzerkönigs, den „Rosen aus dem Süden“, den „Geschichten aus dem Wienerwald“ und der Polka mazur „Stadt und Land“ sowie der in Anspielung auf Webers „Freischütz“, dem heuer wieder eine Staatsopernpremiere gewidmet ist, „Freikugeln“ genannten Schnellpolka op. 326, die 1868 für das „Bundesschießen“ im Wiener Prater entstand.
Ein weiterer Bezug zum Opernleben ergibt sich mit dem Verdi-Verschnitt der Quadrille nach „Un ballo in maschera“, Strauß' Opus 272. Wie schon Vater Strauß präsentierte auch der Sohn den Wienern Musik aus neuen Opern lang vor deren Erstaufführungen: Giuseppe Verdis „Maskenball“ erlebte seine Wiener Premiere sieben Jahre nach der römischen Uraufführung im Kärntnertortheater 1866, die Quadrille erklang erstmals bereits 1862.
Grüße aus deutschen Landen
Der „Festmarsch“ op. 452 entstand 1893 für ein Praterfest zu Ehren des nachmaligen Königs von Bulgarien, Fürst Ferdinand von Sachsen-Coburg, dessen Untertan Johann Strauß Sohn war, seit er 1886 die österreichische Staatsbürgerschaft aufgab, um noch einmal heiraten zu können. Der Komponist, dem man in seiner Heimat die Scheidung von seiner zweiten Ehefrau, Angelica, verweigerte, starb ja 1899 als Bürger des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha . . .
An den üblichen „Zugaben“, dem „Donauwalzer“ und dem straußväterlichen „Radetzkymarsch“, wird sich unter Riccardo Muti nichts ändern. Den Schlusspunkt hinter das offizielle Programm setzt hingegen die Schnellpolka „Eingesendet“ von Bruder Joseph Strauß, der stets Österreicher geblieben war . . .
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2017)