Neujahrskonzertballett

Neujahrsballett: Rebecca Horner tanzt im Hofpavillon

Rebecca Horner, Balletttänzerin mit einer Zwischenkarriere als Schauspielerin.
Rebecca Horner, Balletttänzerin mit einer Zwischenkarriere als Schauspielerin.(c) Akos Burg
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Vor einem Jahr stand Rebecca Horner in ihrer Karriere an. Dann wurde sie Solistin – und tanzt nun den Pas de deux zum Konzert der Philharmoniker.

Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass Rebecca Horner das Gefühl plagte, anzustehen, nicht vorwärtszukommen, obwohl sie doch so gerne Neues versuche, immer besser werden wolle. Aber sie sei auch niemand, der das Handtuch wirft. „Und dann ist alles anders geworden.“

Im Februar wurde Horner von der Wiener Staatsoper zur Solistin ernannt, seither ging es Schlag auf Schlag. Noch nie hat sie so viele Stücke einstudiert (im September probte sie in einer Woche sechs verschiedene), noch nie so viele Auftritte absolviert, noch nie so viel Spitze getanzt wie in den vergangenen Monaten. Und nun auch noch der Pas de deux im Neujahrskonzert.

Zum Interview kommt Horner – sie hat probenfrei – entspannt. Ein durchtrainierter Körper in Jeans und goldenen Sneakers. Wert auf elegantes Schuhwerk zu legen, lacht sie, das habe sie sich längst abgewöhnt. „Immer Sportschuhe, viel Federung, viel Platz. Und im Sommer Birkenstocks.“

Neben Natascha Mair ist die 28-Jährige nun quasi ranghöchste Österreicherin im Ballett-Ensemble der Staatsoper. Unabhängig davon sei das Neujahrskonzert etwas Besonderes für die Tänzer. „Schließlich ist es nur einmal im Jahr, und die Wahrscheinlichkeit, dass man drankommt, scheint mir sehr gering.“

Frühstück vor dem Fernseher

Gedreht wurde zur „Stéphanie-Gavotte“ von Alfons Czibulka im Hietzinger Hofpavillon – mittlerweile ein Außenstandort des Wien-Museums –, um an den 100. Todestag Otto Wagners zu erinnern. Im Einsatz waren Horner und ihr Partner Roman Lazik freilich schon Anfang September, zwei Tage lang – am ersten noch schwitzend, am zweiten frierend. Letzteres habe, so Horner, immerhin den Vorteil, die Kostüme nicht zwischendurch trockenföhnen zu müssen. Gewarnt hatte man sie auch, mehrere Paar Schuhe bereitzuhalten. Trotzdem sei sie erstaunt gewesen, „wie unglaublich schnell“ sie auf dem Steinboden zerschlissen waren.

Und natürlich sei Tanzen fürs Fernsehen etwas anderes als auf der Bühne. „Alles muss oft wiederholt werden, und wenn man glaubt, das war der perfekte Take, war es doch nicht der richtige Winkel für die Kamera.“ Das Endergebnis wird auch sie erst am 1. Jänner sehen. Ganz so, wie sie schon als Kind vor dem Fernseher saß und auf die Balletteinlagen wartete, „bei Lachstoast, Orangensaft und russischen Eiern“. Ein traditionelles Happening, auf das sie sich auch heuer freut, mit dem Mehrwert, „sich selbst bei der Arbeit zuzuschauen“. Selbstkritik erwartet sie keine. „Man muss das abgeben. Die haben die besten Takes genommen, das möchte ich schon auch genießen.“

"Die aus dem Fernsehen"

Zu tanzen begonnen hatte Rebecca Horner mit vier. Bezug zur Musik hatte sie durch ihre Mutter, die eine Zeit lang im Staatsopernchor sang, immer schon gehabt. „Und sie meinte, ich hätte so viel Energie, ich müsse was tun.“ Als sie mit zehn durch Zufall über die Freundin der Mutter einer Schulfreundin erfuhr, dass es die Aufnahmsprüfung der Staatsopernballettschule gab, wusste sie, dass sie die professionelle Laufbahn wollte.

Dass sie bis heute von vielen als ehemaliger Fernseh-Kinderstar wahrgenommen wurde, der plötzlich Ballett tanzt, fußt daher auf einem Irrtum. Vielmehr war es umgekehrt – ein Castingteam kam in ihre damalige Ballettschule „und hat mich halt gefunden“. Und ja, Schauspielen habe ihr Spaß gemacht, aber die Dreharbeiten waren in den Ferien, „und ich habe es nie so ernst genommen wie das Ballett“.

Klar sei später eine Phase gekommen, in der sie nicht „die aus dem Fernsehen“ sein wollte, nicht mehr die süße Enkelin des grantelnden Otto Schenk aus Filmen wie „Mein Opa ist der beste“. Umso mehr freut sie sich, dass sie gerade im vergangenen Jahr oft auf der Straße angesprochen worden sei – als Tänzerin. „Und zwar nicht nur vor der Oper, sondern sogar von der Kassierin im Supermarkt.“ Nichtsdestoweniger hat sie in der Zwischenzeit den Spaß an Rollen entdeckt, und mehr, „es ist mir wirklich wichtig“. Für sie sei das der spannendste Teil der Arbeit – „wenn ich die Schritte endlich kenne und mich mit dem Charakter beschäftigen kann“. Das sei ja der Grund, „warum Menschen ins Theater gehen. Sonst könnte man sich auch Sport anschauen. Wenn wir schon keine Worte haben, müssen wir uns etwas anderes überlegen. Die Leute haben ein Recht darauf, eine Geschichte erzählt zu bekommen. Wenn man berührt ist, auch ohne vorher die Inhaltsangabe zu lesen – das ist für mich Tanz.“

Von Rollen wie der Schwanenkönigin oder dem Dornröschen träumt sie nicht mehr. „Ich bin einfach nicht die liebliche Prinzessin und habe aufgehört, das sein zu wollen.“ Dass es auch anderes gebe, sollte man schon in der Ballettschule lernen. „Es ist klar, dass Opernhäuser die Tradition wahren, aber es ist genauso wichtig, dass sie am Puls der Zeit bleiben.“ Umso mehr freut sie sich auf „Peer Gynt“ am 21. Jänner. Als „erstes abendfüllendes zeitgenössisches Ballett“ sei das Stück wichtig für Wien. Weil es zeige, dass modern nicht zwangsläufig bedeute, „sich auszuziehen und komische Sachen zu machen“, sondern dass man auch hier Geschichten erzählen könne, „die auch schön anzuschauen sind“.

AUF EINEN BLICK

Rebecca Horner wurde 1989 in Wien geboren und begann mit vier zu tanzen. Als Schülerin spielte sie nebenbei in Fernsehfilmen wie „Mein Opa ist der beste“. Seit Februar 2017 ist sie Ballettsolistin der Wiener Staatsoper. Für das Neujahrskonzert tanzt sie mit Roman Lazik im Hietzinger Hofpavillon, fünf weitere Paare tanzen im Schloss Eckartsau im Marchfeld, wo 1918 das Ende der Monarchie besiegelt wurde. Die Choreografie stammt vom Mailänder Davide Bombana, die Kostüme zum vierten Mal vom Katalanen Jordi Roig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2017)

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